EXKLUSIV

Später Einstieg in den Aktienmarkt: Warum sich Vorsorge auch mit 50 noch lohnt

Dominik Mayr
Foto: Freedom24 Germany
Dominik Mayr

Viele Menschen rechnen damit, im Ruhestand finanziell zurückzufallen. Studien zeigen eine wachsende Rentenlücke und einen deutlichen Nachholbedarf bei der privaten Vorsorge. Selbst im fortgeschrittenen Alter können Anleger jedoch noch entscheidende Weichen stellen. Gastbeitrag von Dominik Mayr, Freedom24 Germany

„Mehr als die Hälfte der Deutschen rechnet laut einer aktuellen Studie von Fidelity International mit zu kurzer finanzieller Vorsorge für den Ruhestand.“ Darüber berichtete Cash. vor Kurzem. Die Studie zeigt zudem auf, dass in Deutschland die Rentenlücke noch größer ausfällt. So gaben 54 Prozent der Befragten ab 50 Jahren an, dass sie mit einer Lücke von mindestens zehn Jahren rechnen. Bezüglich einer unzureichenden finanziellen Vorbereitung sind es 87 Prozent, die ihre Planung für das Alter mindestens ein Jahrzehnt zu kurz ansetzen.

Auch in Bezug auf die Wohneigentumsquote hinkt Deutschland im EU-Vergleich hinterher. Laut dem Datenstudio DataPulse Research beträgt die Quote in der Bundesrepublik 46,7 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt bei rund 69 Prozent. Mieteinnahmen als finanzielle Vorsorge oder mietfreies Wohnen im Rentenalter fallen also auch für die Mehrheit der Deutschen weg.

Bleibt noch der Aktienmarkt als erfolgsversprechende Alternative für die private Vorsorge – selbst mit einem späten Einstieg, zum Beispiel in den Aktienindex S&P 500. Dieser umfasst die 500 führenden börsennotierten US-Unternehmen, wie Amazon und Apple.

500 Euro, die im Alter von 50 Jahren monatlich in den Index 15 Jahre lang investiert werden, resultieren bei einer durchschnittlich historischen Rendite von neun bis zehn Prozent pro Jahr in 190.000 Euro, über die man dann im Alter von 65 Jahren verfügt. Bei einer monatlichen Investition von 1.000 Euro ist das Resultat 380.000 Euro.

Auch mit S&P 500-ETFs ist ein später Einstieg in den Aktienmarkt möglich: Mit einer Investition von 100.000 Euro im Alter von 50 Jahren, wächst das Kapital bei einer historischen Durchschnittsrendite von neun Prozent in 15 Jahren auf 364.000 Euro.


Das könnte Sie auch interessieren:

Natürlich ist der Aktienmarkt nicht ohne Risiken und Kursschwankungen sind gegeben. Der S&P 500 hat sich jedoch seit seinem Bestehen trotz Krisen und Crashes als nachhaltig erwiesen – mit einer durchschnittlichen Rendite von acht bis zehn Prozent pro Jahr.

Um das Bestmögliche im gehobenen Alter aus seinem angehäuften Kapital zu machen, sollte man die sogenannte Entspar-Phase frühzeitig vorbereiten. Hierbei handelt es sich um den Zeitraum, in dem angespartes Vermögen, wie zum Beispiel aus Aktien, für den Lebensunterhalt genutzt wird.

Fünf Jahre zuvor sollte mit einer Kapital-Umschichtung auf defensivere Anlagen begonnen werden. Hier bewährt sich die Core-Satellite-Struktur: Der Kern des Portfolios besteht aus stabilen Ertragsbringern – also etwa 50 bis 60 Prozent, zum Beispiel in ETFs mit geringer Volatilität, dividendenstarken Aktien, Anleihen und Immobilienfonds. Dies ist so gesehen das Fundament für planbare Entnahmen.

Die restlichen 30 bis 40 Prozent eignen sich für Investitionen in breit gestreute Aktienfonds, Investments in Infrastruktur oder Private Markets. Ziel ist es, das Vermögen vor Inflation zu schützen, ohne das Gesamtrisiko des Portfolios unnötig zu erhöhen.

Daneben ist ein Liquiditätspuffer entscheidend: Fünf bis zehn Prozent des Kapitals sollten in Tagesgeld oder Geldmarktfonds liegen, um zwei bis drei Jahre an Entnahmen abzudecken. So vermeiden Anleger, in Marktschwächephasen Wertpapiere mit Verlust verkaufen zu müssen.

Portfolioempfehlungen richten sich nach Lebensphase

Mit dieser Portfolioempfehlung stellen Anleger im gehobenen Alter sicher, dass sie trotz Kapital-Entnahme nach der bewährten 3-4-Prozentregel Vermögen und Kaufkraft erhalten. Dabei handelt es sich um eine Faustregel zur Rentenplanung: 4 Prozent des investierten Kapitals können entnommen werden, damit dieses für mindestens 30 Jahre ausreicht. Zudem sorgen automatisierte Entnahme- und Rebalancing-Strategien für nötige Disziplin. Damit werden emotionale Entscheidungen in turbulenten Marktphasen vermieden.

Trotz der Tatsache, dass sich auch ein später Einstieg in den Aktienmarkt auszahlt, sollte immer ein früherer in Erwägung gezogen werden. Es ist dabei wichtig, dass Anleger die Grundsätze ihrer Vermögensallokation ihrer Lebensphase entsprechend weiterentwickeln. Denn das individuelle Einkommensniveau, die Risikotoleranz und finanzielle Zielsetzungen unterscheiden sich in der zweiten Lebenshälfte von denen zum Berufseinstieg. Zudem fallen steuerliche Faktoren und Nachfolgeaspekte ins Gewicht.

Konkret: Anleger in der zweiten Lebenshälfte stellen den Fokus auf Kapitalerhalt und stabile, planbare Cashflows. Das bedeutet keineswegs, Risiko mit einem Mix aus Bargeld und Anleihen gänzlich auszuschließen. Im Gegenteil. Ältere Anleger müssen sich der Tatsache bewusst machen, dass ihre Ersparnisse unter Umständen über einen längeren Zeitraum als zunächst geplant reichen müssen. Hierbei sind Wachstumswerte sinnvolle Bestandteile des Asset-Mixes, um dieses sogenannte „longevity risk“ zu minimieren.

Der entscheidende Unterschied zu den Portfolioempfehlungen für Millennials oder Gen Z liegt dabei in der Kapital-Umschichtung. Das Portfolio eines 30-Jährigen könnte zum Beispiel zu 80 bis 90 Prozent aus Aktien bestehen. Damit werden Wachstumschancen maximiert. Ein 60-jähriger Investor sollte dagegen eine ausgewogene Portfolio-Balance zwischen Wachstum und Sicherheit anstreben. Ziel ist die langfristige Gewährleistung finanzieller Sicherheit.

Dies kann durch Absenkung der Aktienquote auf 40 bis 60 Prozent geschehen. Diese Strategie wird durch Dividendentitel, kurzfristige Anleihen und Investments in defensive Sektoren ergänzt. Hierbei bleibt auch die Inflation ein entscheidender Faktor. Deshalb ist es wichtig, einen Teil des Kapitals in Sachwerten oder inflationsgeschützten Instrumenten zu investieren, um ihre Kaufkraft zu schützen – und, um schließlich das Rentenalter zu genießen.

Dominik Mayr ist Manager bei Freedom24 Germany. Er ist Führungsexperte in den Bereichen Geschäftsentwicklung und Kundenerfolg.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments