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„Unser Vorsprung ist heute doppelt“ – Domcura setzt auf KI mit menschlichem Kern

Marcus Wollny, IT-Vorstand Domcura AG, Kiel,
Foto: Cash./Florian Sonntag
Marcus Wollny: „Heute gelten wir als Vorreiter, weil wir beweisen, dass KI im Alltag funktioniert. Der Schritt war mutig aber nie leichtfertig.“

Mit der Eigenentwicklung KIM hat Domcura einen tiefgreifenden Wandel vollzogen – von Rückständen in der Schadenbearbeitung hin zu einem der schnellsten Anbieter im Markt. Betriebs- und IT-Vorstand Marcus Wollny erklärt im Cash. Interview, warum die Entscheidung für eine eigene KI-Plattform strategisch war, welche Prinzipien die Leistungsfähigkeit sichern und weshalb menschliche Expertise unverzichtbar bleibt.

Vor Einführung von KIM hatte Domcura erhebliche Rückstände in der Schadenbearbeitung, heute gelten Sie als besonders schnell und effizient. Welche Rolle spielt die Leistungsfähigkeit von KIM bei diesem Wandel? Und was hat Sie überzeugt, so konsequent auf KI zu setzen?
Wollny: Wie viele andere Unternehmen in der Branche hatten auch wir Rückstände in der Schadenbearbeitung. Das war für uns nicht akzeptabel, denn Verzögerungen treffen Makler und Kunden unmittelbar. Sie brauchen im Schadenfall schnelle und verlässliche Antworten. Mit KIM haben wir einen klaren Schnitt gemacht. Die Lösung hat nicht nur Rückstände abgebaut, sondern unsere Bearbeitung insgesamt auf ein neues Niveau gehoben. Heute gelten wir als Vorreiter, weil wir beweisen, dass KI im Alltag funktioniert. Der Schritt zur KI war mutig, aber nie leichtfertig: Wir haben sorgfältig geprüft, Pilotphasen genutzt und erst dann eingeführt, als die Qualität gesichert war. Innovation ist für uns kein Selbstzweck – sie muss Makler und Kunden konkret entlasten und den Service verbessern.

KIM wurde nicht als Standardlösung eingekauft, sondern zusammen mit Microsoft entwickelt. Warum war die Eigenentwicklung für Domcura der richtige Weg? Und welchen Vorsprung verschafft Ihnen die spezifische Leistungsfähigkeit dieser Lösung im Vergleich zum Markt?
Wollny: Standardlösungen passten nicht zu unseren Anforderungen. Von der Stange hätte uns nichts wirklich weitergebracht. Wir wollten eine Lösung, die wir jederzeit anpassen können und die allen Beteiligten den größten Mehrwert bringt. Deshalb haben wir uns bewusst für die Eigenentwicklung entschieden. Mit Microsoft haben wir einen starken Partner, aber der Treiber war immer Domcura selbst. Unser Vorsprung ist heute doppelt: technisch, weil KIM im Echtbetrieb läuft und kontinuierlich besser wird. Und strategisch, weil wir nicht mehr von Pilotprojekten sprechen, sondern von einer Lösung, die den Alltag unserer Makler und Kunden konkret erleichtert.

Ein KI-System, das Schäden eigenständig prüfen und bearbeiten kann, erfordert enorme Rechenleistung und komplexe Algorithmen: Welche technischen Hürden haben Sie bei der Entwicklung von KIM überwinden müssen, um die heute erreichte Leistungsfähigkeit sicherzustellen?
Wollny: Die größten technischen Hürden lagen nicht bei der Rechenleistung, sondern in den Rahmenbedingungen unserer Branche. Erstens: Datenschutz. Wir bewegen uns in einem hochregulierten Umfeld – der Schutz von Kundendaten hat zu jedem Zeitpunk oberste Priorität, Verlässlichkeit ist die Basis unseres Geschäfts. Zweitens: Zuverlässigkeit. KIM darf keine Fehler machen, nichts hinzufügen oder weglassen und muss alle Bedingungen korrekt anwenden. Drittens: Transparenz. KI darf keine Blackbox sein – jede Entscheidung muss für Menschen nachvollziehbar sein, sei es in der Schadenabteilung, in der Revision oder im Gespräch mit Maklern. Viertens: Governance. Bei uns bleibt immer ein Mensch im Prozess. Der „Human in the Loop“ ist Pflicht. Nur so sichern wir Qualität und Vertrauen. Diese Prinzipien machen KIM heute leistungsfähig und unterscheiden uns von vielen experimentellen Ansätzen im Markt.

Wie wollen Sie die Leistungsfähigkeit von KIM in Zukunft noch steigern? Und welche weiteren Prozesse sollen mittelfristig vollständig automatisiert werden?
Wollny: Unser Ziel ist es, die Leistungsfähigkeit von KIM auf alle Sparten und Schadenszenarien auszudehnen. Perspektivisch wollen wir vollautomatisierten Service von Anfang bis Ende erreichen. Dazu gehören auch Angebots- und Antragsprozesse oder die Änderung von Bestandsdaten. Überall dort, wo Automatisierung sinnvoll ist, setzen wir sie ein. Der Nutzen liegt klar auf der Hand: Standardfälle werden schneller und fehlerfrei erledigt, während unsere Mitarbeitenden ihre Kompetenz für komplexe Themen einsetzen. Das sorgt für Entlastung im Innendienst – und für Makler und Kunden bedeutet es spürbar bessere Servicezeiten.

„Der Makler bleibt der unverzichtbare menschliche Faktor im Prozess.“

Markus Wollny, Domcura

Domcura plant, KI künftig auch im Vertrieb einzusetzen, etwa für Tarifvorschläge und die Erkennung von Absicherungslücken. Welche Leistungsmerkmale von KIM machen diesen Einsatz möglich? Und wie verändert das die Rolle der Makler im Beratungsprozess?
Wollny: KIM hat Fähigkeiten, die den Vertrieb unmittelbar stärken. Die Lösung kann Daten strukturiert auswerten, Muster erkennen und Vorschläge ableiten – zum Beispiel für passende Tarife oder für das Aufzeigen von Absicherungslücken. So kann sie Maklern künftig in Echtzeit Informationen liefern, die das Beratungsgespräch verbessern. Der Makler gewinnt damit Geschwindigkeit und Präzision, ohne an Entscheidungshoheit einzubüßen. Für uns steht fest: Der Makler bleibt der unverzichtbare menschliche Faktor im Prozess. KI ersetzt ihn nicht, sie macht ihn stärker.

Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und Nachwuchs schlägt auch auf die Versicherungsbranche durch. Wie sehr trägt die Leistungsfähigkeit von KIM dazu bei, diesen Engpass abzufedern – und an welchen Stellen bleibt menschliches Fachwissen trotz aller Automatisierung unverzichtbar?
Wollny: Der Fachkräftemangel ist eine Realität, die auch unsere Branche prägt. Qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen, ist schwer. Gleichzeitig steigt die Erwartung an Geschwindigkeit und Qualität. Hier zeigt KIM seinen Wert: Er übernimmt Routinetätigkeiten wie das Auslesen von Dokumenten oder die Bearbeitung standardisierter Schadenfälle. So haben unsere Teams Zeit für das, was nur Menschen leisten können: komplexe oder sensible Fälle, in denen Erfahrung, Empathie und Verhandlungsgeschick entscheidend sind. Für Makler und Kunden heißt das: schnellere Abläufe und gleichzeitig die Gewissheit, dass bei anspruchsvollen Themen immer ein erfahrener Mensch zur Seite steht.

Seite 2: „Wir geben Makler Werkzeuge an die Hand, um souverän zu beraten.“

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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