Doch selbst, wenn die RIS tatsächlich eingestampft werden sollte, ist wohl eine 34f-Weiterbildungspflicht zu erwarten. Für nicht wenige Betroffene ist das ein rotes Tuch – insbesondere wahrscheinlich für jene, die nicht bereits Erfahrungen damit aus anderen Bereichen haben, etwa weil sie auch eine Zulassung für Versicherungen (34d GewO) haben.
Denn dort hat sich die schon seit Februar 2018 geltende Weiterbildungspflicht nach der EU-Richtlinie IDD von mindestens 15 nachgewiesenen Stunden pro Jahr als weitgehend unproblematisch erwiesen. Die Branche hat aus der Not sogar eine Tugend machen können – auch weil die BaFin und die DIHK mit einem gemeinsamen Papier einen durchaus praktikablen Rahmen gesetzt haben. Darin heißt es: „Produktinformationsveranstaltungen werden anerkannt, sofern die Veranstaltungen das jeweilige Produkt (zum Beispiel Art, Inhalt, Umfang und Bedingungen von Versicherungsprodukten) zum Gegenstand haben und es sich nicht um reine Verkaufs-, Marketing- oder Werbeveranstaltungen handelt.“
Das gibt den Gesellschaften die Möglichkeit, für ihre Produktvorstellungen IDD-Weiterbildungszeiten auszuloben und damit die Teilnehmerzahl zu erhöhen. Zwar darf es sich nicht um „reine“ Werbeveranstaltungen handeln, aber ein wenig Selbstdarstellung ist durchaus erlaubt. Die Teilnehmenden wiederum profitieren davon, dass sie nicht nur mit Werbe-Gesäusel überzogen werden, sondern auch handfeste Fachinformationen erhalten (müssen). Zudem sind Produkt-Weiterbildungen regelmäßig kostenlos für sie, Mehrkosten fallen durch die Weiterbildungspflicht also nicht unbedingt an.
Warnung vor schärferen Kontrollen
Dr. Wolfgang Kuckertz, wie Rottenbacher Vorstand bei Going Public, allerdings warnt: „Festzustellen ist, dass die zuständigen Stellen zur Beaufsichtigung der gesetzlichen Weiterbildungspflichten (IDD, MaBV) zunehmend in der ‚Tiefe‘ prüfen, ob die vollzogenen Weiterbildungen auch anerkennungsfähig sind. Es ist daher wichtig, dass die Bildungsangebote den Regelungen aus den Anwendungsrichtlinien von DIHK/BaFin entsprechen.“ Die Unternehmen dürfen also unter anderem die Möglichkeit, auch ein wenig für das Produkt zu werben, nicht zu weit ausreizen und die Fachinformation nicht vernachlässigen.
Neben dem Pflichtprogramm gibt es die Kür: Unzählige Angebote für freiwillige Fortbildungen oder die Qualifizierung für bestimmte Abschlüsse. Welche Trends gibt es dort? „Wir spüren ein spürbar anziehendes Interesse von Vertrieben/Maklerverbünden an der Gewinnung von jungem Vermittlernachwuchs durch fundierte Qualifizierungsprogramme; zum Beispiel zum ‚Fachberater für Finanzdienstleistungen (IHK)‘ sowie ‚Fachwirt für Finanzberatung (IHK)‘ oder auch unserem Ausbildungsprogramm ‚Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen (IHK)‘“, so Kuckertz.
Im Trend: Beratung von Gewerbekunden
Insgesamt machen Online-Qualifizierungsangebote einen Anteil von konstant über 80 Prozent aus, vor 2020 waren es noch unter 50 Prozent gewesen, berichtet er. Dabei registriert Going Public gestiegenes Interesse auch an den Themen Ruhestandsplanung und Immobilienverrentung (Teilverkauf & Co.), einen Anstieg der Zahl von Teilnehmern aus dem 34c-Bereich an freiwilligen Weiterbildungen sowie mehr Nachfrage in Zusammenhang mit der Verstärkung unternehmerischer Kompetenzen bei Vermittlerbetrieben. Kuckertz sieht zudem verstärktes Interesse an Qualifizierungen zu Beratung von Gewerbekunden. „Die Beratung von KMU als Kunden rückt in den letzten Monaten verstärkt in den vertrieblichen Fokus, da im Gegensatz zu dem starken Verdrängungswettbewerb bei privaten Altersvorsorgekunden KMU-Kunden noch weniger umworben sind“, sagt er.
Dieses Thema stellt auch Definet in den Vordergrund. „Das Geschäft mit Gewerbekunden gilt als besonders komplex und anspruchsvoll. Berater und Makler machen deshalb oft einen großen Bogen darum, das Haftungsrisiko aufgrund von Unkenntnis ist groß“, berichtet Nicole Hoffmann, Leiterin der Definet-Akademie. „Aber auch Gewerbemakler lassen noch viel Geschäft liegen, weil sie nur Teilbereiche abdecken oder auf bestimmte Produkte spezialisiert sind“, betont sie.
DIN Norm zur Beratung von Selbstständigen und KMU
Doch auch für die Beratung von Selbstständigen und KMU gibt es eine offizielle Anleitung: Die vom Defino Institut für Finanznorm initiierte und vom Deutschen Institut für Normung (DIN) im September 2021 veröffentlichte DIN-Norm 77235. Die DIN-Norm sei nun mit Unterstützung von drei zertifizierten Software-Angeboten im vergangenen Frühjahr endgültig zur Marktreife gelangt, erklärt Hoffmann. „Damit haben Finanzberater und Maklerfirmen erstmals die Möglichkeit, zur haftungssicheren und individuellen Finanzanalyse von KMU, Gewerbetreibenden und Freiberuflern ein alle denkbaren Risikofelder dieser Kundengruppe erfassendes Tool einzusetzen.“
Ob Finanzdienstleister solche freiwilligen Qualifizierungsangebote wahrnehmen, ob sie sich nur auf das Pflichtprogramm beschränken oder von neuen Gesetzen betroffen sind, eines dürfte für alle gleichermaßen zutreffen: Langweilig wird es in puncto Sachkunde und Weiterbildung sicherlich nicht, jedenfalls nicht außerhalb der – virtuellen oder realen – Schulungsräume.
Dieser Artikel stammt aus Cash. Ausgabe 10/2025 und wurde in Bezug auf den Regierungsentwurf zu Paragraf 34k GewO, der nach Redaktionsschluss öffentlich wurde, aktualisiert.