Islamic Finance: Zwischen Koran und Kostolany

Die Fonds werden vor Auflegung von einem sogenannten Sharia-Rat, einer Art Aufsichtsgremium aus drei islamischen Geistlichen, die über eine Expertise in Wirtschaftswissenschaften verfügen, unter die Lupe genommen und zertifiziert. Der Anspruch ist hoch. Bei Kapitalanlagen, wie bei Aktien oder Fonds, ist unter anderem das Investieren in Branchen wie Alkohol- und Tabakindustrie, aber auch Banken und Versicherungen nicht zulässig. Zudem sind hochspekulative Elemente nicht erlaubt.

Der Islam verbietet darüber hinaus Geldzinsen. Damit entfallen Produkte wie Sparkonten und Termingelder ebenso wie zinstragende Kredite. Die Problematik liegt auf der Hand: So darf etwa ein muslimischer Kunde für die Finanzierung eines Hausbaus oder den Kauf einer Eigentumswohnung keinen Kredit aufnehmen. Vor diesem Hintergrund sind shariakonforme Baufinanzierungen schwerlich zu realisieren.

Mittlerweile existiert jedoch in der Praxis eine Reihe erprobter Lösungsmodelle, etwa eine Finanzierung über das sogenannte „Musharaka-Modell“. Danach erwirbt die Bank gemeinsam mit dem Kunden die Immobilie – beispielsweise kauft 20 Prozent der Kunde, 80 Prozent die Bank. „Für ihren Anteil erhält die Bank eine Miete, der Kunde zahlt Miete und kauft Schritt für Schritt das Haus der Bank ab“, erklärt Berater Bouhmidi. Der Vorteil sei, dass der Kunde keine Schulden habe, sondern einen Anteil am Haus und die Bank ihren Anteil nicht einfach weiterverkaufen könne. Das Problem, das er habe, sei jedoch, dass es in Deutschland zurzeit keinen Anbieter für dieses Modell gebe, sagt Bouhmidi. Ein weiteres Problem ist, dass dabei in Deutschland eine doppelte Gewerbesteuer fällig wird.

Die Bausparkasse Mainz umschifft diese Klippe, indem sie ihre Baufinanzierungen nur nach den Bestimmungen des in Deutschland geltenden Rechts anbietet. Der Versicherer Skandia bietet zwar die Möglichkeit, shariakonforme Fonds anzuwählen, jedoch mache allein die Anwahl dieser ein Versicherungsprodukt noch nicht zu einer sogenannten Takaful-Police, sagt Heiko Reddmann, Vertriebsdirektor der Skandia Lebensversicherung. Aufgrund der Einschränkungen des im Islam geltenden Zinsverbots müssen Versicherungsprodukte den Charakter eines Solidarfonds haben, bei dem der Gewinn sowie das Verlustrisiko von den Versicherten getragen werden.

„Im deutschen Recht ist aber ein Sicherungsvermögen vorgeschrieben, das dazu dient, die Ansprüche der Versicherungsnehmer im Insolvenzfall zu sichern und dieses Konstrukt entspricht unseres Wissens nicht den Grundsätzen einer Takaful-Police“, so Reddmann.

Bouhmidi findet trotz der Schwierigkeiten Lösungen für seine Kunden. „Das Thema Vorsorge ist bei Muslimen ebenfalls Pflicht. Aus den Propheten-Geschichten wissen wir, dass ja auch der Prophet Jusuf (Josef) in den sieben guten Jahren für die sieben schlechten vorgesorgt hat. Das erinnert uns daran, während des Arbeitslebens für die Rente vorzusorgen“, sagt er. Und damit unterscheiden sich seine Kunden nicht von anderen. Denn in den sauren Apfel, Vorsorge für den Ruhestand zu betreiben, müssen wohl irgendwann alle beißen.

Foto: Shutterstock

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