Massenklagen: Droht Deutschland eine Klageindustrie?

Im Rahmen der aktuellen Dieselaffäre wird immer wieder die Befürchtung geäußert, dass sich Sammelklagen nach amerikanischen Vorbild in unserem Rechtssystem einnisten. Erste Schritte dahin sind schon erkennbar und werden ausgetestet.

Gastbeitrag von Ekkart Kaske und Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler

Co-Autor Ekkart Kaske, Spezialist für Financial & Governmental Affairs.
Co-Autor Ekkart Kaske, Executive Director des European Justice Forum

Neue Allianzen bilden sich beispielsweise zwischen der Legaltech-Plattform „myright.de“ und der auf Sammelklagen spezialisierten US-Kanzlei Hausfeld. Unterstützt werden diese Partner durch die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC.

Dabei obliegt es der Legaltech-Plattform „myright.de“ die Geschädigten anzusprechen und ihre Fälle unbürokratisch aufzunehmen. Die Plattform verspricht den Geschädigten, alle Kosten zu übernehmen gegen eine – im Fall Volkswagen 35 prozentige – Beteiligung an der Entschädigungssumme.

Die Klage wird dann prozessual durch die Kanzlei Hausfeld durchgeführt. BEUC promotet dieses Verfahren durch eine Vergrößerung der Informationsbasis zu der Dieselaffärenthematik und umhüllt dies mit dem Mantel des Verbraucherschutzes.

Attraktiv für Anwälte und Investoren

So entsteht die Grundlage für eine Klageindustrie. Zu der werden dann auch Prozessfinanzierer von Sammelklagen gehören. Denkbar via Fondsbildung, beispielsweise Hedgefonds, mit sehr ansprechender Erfolgsbeteiligung.

Schließlich ist die Summe aus Klagehöhe und der großen Anzahl Geschädigter eine ausgesprochen attraktive Basis für den Eigenanteil der Anwälte und Investoren.

Ist das ein neues Phänomen oder nur eines der Autoindustrie? Nein, auch in der Finanzdienstleistungsbranche gab es in der Vergangenheit bereits Fälle von Massenschäden, die kollektiven Schadenersatz auslösten.

Ombudsmannverfahren schnell und günstig

Im Rahmen einer Prospekthaftung gab es 2012 zum Beispiel eine Reihe von Klagen gegenüber offenen Immobilienfonds. Die Ombudsmann-Schlichtungsstelle beim BVI hatte circa 800 gleichartige Fälle zu betreuen (781 Einzelanträge zu ein und demselben offenen Immobilienfonds).

Parallel dazu liefen ebenfalls eine Vielzahl gebündelter Klagen über Rechtsanwälte. Die Erfahrung hieraus zeigte, dass das Ombudsmannverfahren kostengünstiger und schneller zu Vergleichslösungen führte als die Anwaltsklagen mit Hilfe des KapMuG – Kapitalanleger Musterverfahrensgesetz. Innerhalb von circa acht bis zehn Monaten waren die Ombudsmannverfahren beendet.

Seite zwei: Folgen für Finanzdienstleister

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