DIN-Norm 77230: Magere Zwischenbilanz nach einem Jahr – Licht am Ende des Tunnels in Sicht?

Wer in Google die Suchbegriffe „Bank – DIN-Norm 77230“ eingibt, der sucht vergeblich oder sehr lange nach einer Meldung einer Bank oder Sparkasse zum Einsatz der neuen DIN-Norm 77230 Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte. Über die Gründe.

Einsatz der Finanzanalyse nach DIN-Norm 77230 bei Banken und Sparkassen

Um so verwunderlicher, da viele Geldinstitute unter der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) leiden und alternative Einnahmenquellen eigentlich willkommen sein sollten. Die DIN-Finanzanalyse bietet hier Möglichkeiten, und zwar nicht zum Selbstzweck, sondern bedarfsgerecht im Interesse des Verbrauchers.

Nur etwa zehn Prozent der Finanzdienstleistungsunternehmen kennen die DIN 77230 nicht

Im Februar 2019 wurde die Norm vom Deutschen Institut für Normung (DIN) offiziell veröffentlicht. Bereits im Juni 2018 hatten „interessierte Kreise, dazu zählen selbstverständlich auch die Banken, die Möglichkeit im Rahmen einer so genannten „Einspruchsphase“ sich mit dem Werk auseinanderzusetzen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Es gab einige gute Vorschläge, allen voran aus der Versicherungsbranche, die dann auch in die Norm aufgenommen wurden.

Bereits vor und auch nach der Veröffentlichung der Norm wurde in fast allen Medien mehr oder weniger intensiv und ausführlich über die neue Norm berichtet.

Wenn man die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zur DIN 77230 heranzieht, stellt man fest, dass bis dato nur ca. 10% der befragten Finanzdienstleistungsunternehmen noch nichts von der Norm gehört haben. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen beschäftigen sich damit und sehen auch Vorteile bei einem möglichen Einsatz der Norm in der Praxis.

„Am Bekanntheitsgrad liegt es sicher nicht“

Die DIN Finanzanalyse ist eine Norm, die von der Finanzbranche unter Mitwirkung von namhaften Banken und Versicherungsgesellschaften sowie von Verbraucherschutzorganisationen (wie Stiftung Warentest), für den Verbraucher erstellt wurde.

Ausgehend von den hier genannten Fakten stellt sich die berechtigte Frage, warum die Norm nicht bereits viel stärker verbreitet ist und somit der Adressat, nämlich der Verbraucher, flächendeckend davon profitieren kann.

Mit dieser Frage beschäftigen sich Kai Fürderer, Geschäftsführer der Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung (QIDF), und die ZERTPRO FINANZ- Gesellschaft zur Zertifizierung von Standards und Normen im Bereich Finanzdienstleistungen, bereits seit längerem. „Am Bekanntheitsgrad der DIN-Norm 77230 liegt es sicherlich nicht“, weiß Kai Fürderer aus erster Hand.

Schon Vorgängernorm war für Bankentests relevant

Die QIDF führt mit ihrem Tochterunternehmen – der Gesellschaft für Qualitätsprüfung – seit Jahren verdeckte Testkäufe bei Banken und Sparkassen durch.

Das Qualitätssiegel „Beste Bank vor Ort“ ist in der Branche bestens bekannt. Schon zu Zeiten der DIN SPEC 77222 Standardisierte Finanzanalyse für den Privathaushalt, dem Vorläufer der heutigen Norm, basierte ein wesentlicher Teil des Tests auf den Inhalten der standardisierten Finanzanalyse.

„Wer damals schon Beste Bank vor Ort werden wollte, kam um eine an die DIN orientierte Bedarfsanalyse nicht herum!“ führt Fürderer weiter aus. Heute basiert der Test selbstverständlich auf der DIN-Norm 77230, dokumentiert durch das Zertifizierungssiegel der ZERTPRO FINANZ.

„Einige Ursachen beruhen auf Fehlinformationen oder Fehleinschätzungen“

„Es sind unterschiedliche Gründe, die eine schnellere Verbreitung der DIN Finanzanalyse behindern“ ergänzt Claus Rieger, Mitglied der Geschäftsführung von ZERTPRO FINANZ, der von Anfang an im DIN Arbeitsausschuss Finanzdienstleistungen mitgewirkt- bzw. die Norm damals mit initiiert hat.

„Einige Ursachen beruhen aus Bankensicht auch auf Fehlinformationen oder Fehleinschätzungen“ so Rieger weiter. Die wesentlichen Gründe für die Nicht-Einführung der DIN-Norm 77230 lassen sich an einer Hand abzählen.

Auch wenn es bei den Ausführungen vorrangig um Banken und Sparkassen geht, ist die Situation bei den Versicherungsgesellschaften die gleiche. Die Gründe lassen sich nahezu 1 zu 1 übertragen.

 

Foto: „obs/Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung mbH/Gustavo Frazao“

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