Entgelttransparenzgesetz: Viele Bürokratie, wenig Nutzen

Die Einführung des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) im Jahr 2017 zielte auf die Durchsetzung des Gebots der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern. Im Zentrum stand der statistisch nicht erklärte Anteil der Entgeltlücke und die daraus abgeleitete Auffassung, dass die praktische Anwendung des Entgeltgleichheitsgebots nicht verwirklicht sei. Im Juli 2019 wurde nun die erste Evaluation des Gesetzes vorgelegt.

Erstens kann die Entgeltlücke (unbereinigt und bereinigt) nicht als quantitativer Nachweis einer Entgeltbenachteiligung interpretiert werden. Zudem lassen eine ursachenorientierte Betrachtung der Entgeltlücke sowie eine Berücksichtigung der Anreizstrukturen von Unternehmen praktisch keinen Spielraum für strukturelle Entgeltbenachteiligung.

Zweitens sind die kausalen Wirkungen von Entgelttransparenz auf die Entgeltlücke von Frauen und Männern bislang noch nicht hinreichend erforscht. Demnach ist weitgehend offen, inwieweit die Entgeltlücke durch Transparenzregelungen reduziert werden kann. Mögliche negative Konsequenzen für Unternehmen, die in Folge einer erhöhten Entgelttransparenz im Betrieb entstehen können, wurden beziehungsweise werden kaum thematisiert.

Schließlich verdeutlicht das Evaluationsgutachten, dass sich bereits ein relativ hoher Anteil von Beschäftigten über Fragen von Lohn und Gehalt austauscht und aktuell nur ein geringes Interesse an einer Auskunftsanfrage besteht. Eine solche Anfrage wird – trotz der eingeschränkten Datenlage – etwa gleichermaßen von Frauen und Männern wahrgenommen und hat überwiegend das Ziel, Informationen über den eigenen Wert für das Unternehmen zu gewinnen.

Zukünftig kann sich zwar ein deutlich höherer Anteil von Beschäftigten vorstellen, den Auskunftsanspruch zu nutzen, allerdings deutet sich eine ähnliche Motivationslage an. Damit ist fraglich, ob und inwieweit der Auskunftsanspruch überhaupt einen Impuls zur Reduzierung der (bereinigten) Entgeltlücke liefern kann. Im Übrigen zeigt das Evaluationsgutachten, dass die überwiegende Mehrheit der lageberichtspflichtigen Unternehmen bereits die ebenfalls bestehende Berichtspflicht zu den Themen Gleichstellung und Entgeltgleichheit umgesetzt hat oder deren Umsetzung plant.

Zusammenfassend erweist sich das EntgTranspG und insbesondere der individuelle Auskunftsanspruch in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten gegenwärtig als ein bürokratischer Akt ohne erkennbaren Mehrwert. Aufgrund des erst kurzen Zeitraums seit Einführung des Gesetzes ist noch ungeklärt, ob überhaupt oder inwieweit eine Reduzierung der (bereinigten) Entgeltlücke in der Zielgruppe kausal durch das Gesetz eingetreten ist. Insgesamt sollten daher im Wesentlichen keine weiteren Anpassungen des EntgTranspG vorgenommen werden.

Zudem empfiehlt sich in Zukunft gegebenenfalls eine grundsätzliche Revision, ob das Gesetz und vor allem der individuelle Auskunftsanspruch zielführend sind. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit des Gesetzes wäre wünschenswert, wenn neben einer Analyse, inwieweit eine Reduzierung der (bereinigten) Entgeltlücke kausal nachweisbar ist, auch berücksichtigt würde, inwieweit (negative) Folgewirkungen in den Unternehmen eingetreten sind.

Foto: Shutterstock

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