Nullzinspolitik: Banken werden bei Digitalisierung ausgebremst

Nach dem Willen der EZB bleiben die Nullzinsen im Euroraum noch mindestens bis 2020 bestehen. Viele Banken stellt das vor ernsthafte Probleme. 80 Prozent der Institute sagen, dass die Zinsen steigen müssen, damit sie wieder Geld verdienen. Drei Viertel verlangen von der Politik, Banken besser zu schützen und mehr zu deregulieren. Das geht aus einer Umfrage der Software-Firma Camunda hervor. 102 Führungskräfte und Projektleiter wurden befragt.

Die schwachen Erträge wirken sich auch darauf aus, wie schnell die Banken ihre Geschäfte digital umgestalten können. 59 Prozent der Institute geben an, dass ihnen die finanziellen Spielräume dafür fehlen – Mittel, die sich auch wegen der Nullzinspolitik nur noch schwer verdienen lassen.

Richtlinien und fremde Hilfe belasten die Budgets

Viele gesetzliche Vorschriften, die von den Geldhäusern derzeit umgesetzt werden müssen, erhöhen den Druck zusätzlich. 76 Prozent erklären, dass zu viel Regulatorik sie daran hindert, sich um die digitale Transformation zu kümmern. „Jetzt rächt sich, dass viele Banken bei ihrer Kern-IT auf fremde Hilfe angewiesen sind“, sagt Jakob Freund, CEO von Camunda.

Die Institute kämpfen beispielsweise mit der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie PSD II. Wenn die Kunden einverstanden sind, dürfen auch andere Unternehmen als die Hausbank auf ihre Konten zugreifen und sogar elektronisch Zahlungen auslösen. Verbraucher benötigen so etwa nur eine einzige App, um alle ihre Konten auf einen Blick zu verwalten.

Banken müssten in eigene IT investieren

Gleichzeitig sollen besonders starke Authentifizierungen dafür sorgen, dass Geld zu überweisen sicherer wird. Doch dafür mussten die Banken teils tief in die eigenen IT-Systeme eingreifen und digitale Schnittstellen bereitstellen. Am 14. September 2019 läuft die Frist dafür ab. „Die Systeme zu öffnen, ist deshalb so aufwendig, weil die die Kernbank-IT dafür nicht ausgelegt ist“, so Freund.

Viele Banken rechnen wohl damit, dass sie künftig eher häufiger als seltener ihre IT anzupassen haben. Sie steuern daher jetzt um. 71 Prozent der Geldhäuser sind dabei oder planen konkret damit, ihre IT-Abteilungen so auszubauen, dass sie Software auch selbst entwickeln können.

Zwei Drittel setzen dafür sogar auf eine eigenständige Abteilung. „Software selbst entwickeln zu wollen, ist die richtige Strategie“, erklärt Camunda-Chef Jakob Freund. „Global Player wie Goldman Sachs sehen sich selbst schon seit Jahren eher als Technologiefirmen und nicht allein als Bank.“

Über die Umfrage

Im Mai 2019 hat Camunda 102 Führungskräfte und Projektleiter in Banken über die digitale Transformation befragt. Die Antworten wurden online gegeben.

 

Foto: Shutterstock

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