Unfaire Bewertungsauswahl? BGH urteilt im Streitfall Yelp

Das Onlinebewertungsportal Yelp darf seine in Sternen ausgedrückte Gesamtbewertung von Unternehmen auf eine automatisierte Auswahl stützen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag im Streit zwischen einer Betreiberin mehrerer Fitnessstudios im Raum München und dem Internet-Unternehmen. Die Sport-Unternehmerin fühlte sich zu schlecht bewertet. 

Auf Yelp können die Nutzer Restaurants, Dienstleister und Geschäfte bewerten – und eben auch Fitnessstudios.

Der VI. Zivilsenat hob ein anderslautendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München auf. Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin überwiegen nach Überzeugung des BGH-Senats nicht die schutzwürdigen Belange von Yelp. Die Einstufung von Bewertungen in „empfohlen“ und „nicht empfohlen“ sei durch die Berufs- und Meinungsfreiheit geschützt. „Ein Gewerbetreibender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen“, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters (Az. VI ZR 495/18 u.a.).

Vor dem OLG München hatte die Sport-Unternehmerin Recht bekommen. Durch das Aussortieren vieler Bewertungen entstehe ein verzerrtes Gesamtbild. Das OLG sprach der Frau Schadensersatz zu und verbot Yelp, ihre Studios weiter so zu bewerten.

Auf Yelp können die Nutzer Restaurants, Dienstleister und Geschäfte bewerten – und eben auch Fitnessstudios. Zu vergeben sind ein Stern („Boah, das geht ja mal gar nicht!“) bis fünf Sterne („Wow! Besser geht’s nicht!“), außerdem kann man etwas schreiben. In die Gesamtbewertung fließen allerdings nicht alle Beurteilungen ein. Eine automatisierte Software identifiziert dafür die empfohlenen Beiträge, die Yelp für besonders hilfreich oder authentisch hält.

„Überraschend liberal“ 

„Das überraschend liberale Urteil stärkt die Freiheit von Bewertungsportalen bei der Selektion und Darstellung von Bewertungen“, kommentiert Florian Dietrich, Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland, das Urteil. Es habe Signalwirkung für die gesamte E-Commerce-Branche, da es den Betreibern von Bewertungssystemen eine von der Meinungsfreiheit gedeckte, subjektiv gefärbte Darstellung von Bewertungsergebnissen erlaube. 

„Der BGH erweitert mit seinem Urteil die Möglichkeiten für Betreiber von Bewertungssystemen, indem er es zulässt, bestimmte Bewertungen anhand von nicht näher definierten Kriterien auszusortieren“, so Dietrich weiter. (dpa-AFX/kb)

Foto: Picture Alliance 

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