Diva-Experten-Gespräch: „Aktienrente ist Zocken auf Pump“

Foto: Diva
Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des Diva

Die Menschen in Deutschland müssen verstärkt selbst vorsorgen, die nötigen Anreize dafür müssen vom Staat kommen. Zu diesem Schluss kam das kürzlich vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (Diva) ausgerichtete Experten-Gespräch zum Thema Alterssicherung in Deutschland mit Michel Littig, Präsidiumsmitglied der MIT Mittelstands- und Wirtschaftsunion und langjähriger Co-Vorsitzender der Kommission Arbeit und Soziales. Das Rentenversprechen der Bundesregierung sei nicht zu halten, kritisierte Littig.

Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des Diva und Gastgeber des Gesprächsformats, bewertete die Perspektiven des gegenwärtigen Alterssicherungssystems als kritisch. Mit dem Renteneintritt der Babyboomer sieht er die Rentenpläne der Regierungskoalition schon in den nächsten Jahren und darüber hinaus nicht mehr tragfähig. „Wenn alle Stellschrauben unverändert bleiben, werden bald Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung von mehr als der Hälfte des Bundeshaushalts fällig“, so Heuser. „Den meisten Menschen ist die Problematik bewusst. Unser Altersvorsorge- Stimmungsbarometer, der Divax-AV, zeigt einen zunehmenden Pessimismus bei der Altersvorsorge an, insbesondere mit Blick auf die gesetzliche Rentenversicherung.“

Das Rentenversprechen der Regierung sei schlicht nicht zu halten, kritisierte auch Littig. „Wir rasen auf ein enormes Spannungsfeld zu. Ende des Jahrzehnts werden wir mit Beiträgen um die 28 Prozent rechnen müssen, und auch das Rentenniveau bei 48 Prozent kann nicht gehalten werden.“ Die von der Ampel-Koalition geplante Aktienrente sei „Zocken auf Pump“, so Littig. „Kurzfristig hat ein Staatsfonds absolut keinen Effekt und kann keinen Beitrag zur Lösung der drängendsten Fragen, wie etwa der Babyboomer-Problematik, leisten. Aktien sind auf lange Sicht die ertragreichere Anlageklasse. Aber der Aufbau eines Kapitalstocks, dem Beträge für Rentenzahlungen entnommen werden können, braucht massive Zuflüsse und viel Zeit. Die derzeit diskutierte Aktienrente wird aus Bundesmitteln gespeist. Das heißt, entweder geht es zu Lasten anderer staatlicher Leistungen, durch Steuererhöhungen oder durch Schuldenaufnahme. Und letzteres wäre in der aktuellen Haushaltssituation Zocken auf Pump.“

Vergleiche mit anderen Staatsfonds, beispielsweise in Norwegen, greifen laut Littig ins Leere: „Denn dieser wird aus Rohstoffüberschüssen gespeist und kannibalisiert keine laufenden Projekte.“ Der DVAG-nahe Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV) hat das Diva im Jahr 2019 gegründet.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments