Schrumpfkur durch Vertriebsregulierung?

Die Löwer-Kolumne

Die Einteilung geschlossener Fonds und ihrer Anleger in Risikoklassen, die sich aus der geplanten Gesetzesnovelle zur Vertriebsregulierung ergibt, dürfte Vermittlern die Arbeit deutlich erschweren.

Cash-Kolumnist Stefan Löwer
Cash-Kolumnist Stefan Löwer

Zum einen wird es nicht wenige Anleger abschrecken, wenn die Fonds tatsächlich im Regelfall in die zweithöchste Risikokategorie eingestuft werden müssen, wie TPW-Anwalt Jörg Mühlenkamp sagt. Schließlich argumentieren vor allem Immobilienfonds meist mit dem Punkt „Sicherheit“. Zum anderen ist es künftig schlicht untersagt, einem Anleger ein Produkt außerhalb seiner Risikoklasse zu vermitteln.

In diesem Fall darf der Anleger wohl allenfalls dann zeichnen, wenn er unterschreibt, dass er sich gegen den ausdrücklichen Rat des Vermittlers an dem Fonds beteiligt. Der Verzicht auf die Beratung, die Erfassung der Vermögensverhältnisse und die Dokumentation ist auch auf Kundenwunsch nicht mehr möglich. Das dürfte den Vertriebserfolg nicht eben beflügeln.

Daraus resultiert ein weiteres Problem für den Vertrieb: Die Risikoeinstufung muss der Vermittler selbst erledigen und dokumentieren. Wenn er dabei einen Fehler macht oder bewusst eine falsche Klassifizierung vornimmt, um Kunde und Produkt in Einklang zu bringen, droht wiederum die Haftung. Das Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ birgt hohe Risiken. Dabei gibt es künftig wohl keine Unterscheidung zwischen Vermittlern und Beratern mehr – ein breites Einfallstor für Anwälte von Anlegern, die Verluste aus ihren Investments auf Dritte abwälzen wollen.

Gleiches gilt in Zusammenhang mit den Vermögensanlagen-Informationsblättern (VIB), die künftig zu jedem Fonds auf maximal drei Seiten die wesentlichen Merkmale und Risiken zusammenfassen müssen. Anders als die Prospekte werden diese „Beipackzettel“ nicht von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) geprüft und gebilligt, sondern müssen lediglich dort hinterlegt werden.

Daraus ergibt sich ein weiteres Spielfeld für Anlegeranwälte. Bei Verlustfonds werden sie die Prospekte im Nachhinein haarklein durchflöhen und behaupten, dieser oder jener Umstand sei im VIB falsch oder unvollständig dargestellt worden, der Vermittler hätte das merken und den Anleger darüber aufklären müssen. Diese Gefahr droht dem Vertrieb vor allem dann, wenn bei dem für den Beipackzettel verantwortlichen Initiator – wie nicht selten bei fehlgeschlagenen Fonds – nichts mehr zu holen ist.

Seite 2: Bafin-Prüfung wird keine Rechtssicherheit bringen

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