Prospekthaftung: IDW-Standard reicht nicht immer

Einmal mehr hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich mit der Prospekthaftung befasst (Aktenzeichen XI ZR 344/11) und neue Leitsätze dazu aufgestellt.

Cash.-Kolumnist Stefan Löwer
Cash.-Kolumnist Stefan Löwer

Kopfzerbrechen dürfte vielen Anbietern geschlossener Fonds vor allem eine Feststellung des Gerichts bereiten: Richtet sich ein Angebot ausdrücklich auch an unkundige und börsenunerfahrene Anleger, muss der Prospekt auch den „durchschnittlichen (Klein-)Anleger“ vollständig und richtig unterrichten, „der sich allein anhand der Prospektangaben über die Kapitalanlage informiert und über keinerlei Spezialkenntnisse verfügt“.

Das ist an sich nicht sonderlich überraschend. „Keinerlei Spezialkenntnisse“ aber ist deshalb nicht unproblematisch, weil Initiatoren und Vertriebe sich bisher auf der sicheren Seite wähnten, wenn der Prospekt gemäß dem Prüfstandard IDW S4 erstellt und von einem Wirtschaftsprüfer begutachtet wurde.

Die IDW-Regeln allerdings sind an einer anderen Zielgruppe ausgerichtet: Einem Anleger, „der über ein Grundverständnis der wirtschaftlichen Gegebenheiten der angebotenen Vermögensanlage verfügt“ (Anlage 1, Punkt 2.1).

Urteil auch für Vertriebe relevant

Zwar sieht auch der IDW-Standard vor, dass eventuell ergänzende Ausführungen und Angaben erforderlich sind, wenn sich der Prospekt ausdrücklich an einen bestimmten Personenkreis wendet. Dem Analysehaus G.U.B. jedoch ist kein einziges Prospektgutachten bekannt, das solche zusätzlichen Informationen verlangt oder gar deren Fehlen bekrittelt hätte.

Mit dem BHG-Urteil steigt das Risiko für den Initiator nicht nur bei Fonds mit sehr niedrigen Mindestbeteiligungssummen oder Ansparfonds mit geringen monatlichen Beträgen, die üblicherweise mit „Kleinanlegern“ in Verbindung gebracht werden.

Eine Definition für einen „durchschnittlichen (Klein-)Anleger“ liefert das Gericht jedenfalls nicht und in dem entschiedenen Fall ging es um die Investition von immerhin 5.000 Euro per Einmalanlage. Auch in welcher Hinsicht das Angebot sich „ausdrücklich“ auch an das unkundige Publikum richtete, geht aus dem Urteil nicht vorher.

Seite zwei: Dilemma für Vermittler

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