Büroimmobilien: vom Gespür für Langfristigkeit und Stabilität

Deutschlands Büroimmobilien sind teuer. Zu Recht – das waren Sie eigentlich schon immer und sind gerade deshalb ein Ausdruck der vielbeschworenen Stabilität. Wie sich der deutsche Büroimmobilienmarkt entwickeln wird. Die Beyerle-Kolumne.

Ein großes Versicherungsunternehmen hat dem eingangs beschriebenen Szenario kürzlich eine Nuance hinzugefügt: „zu teuer“. Leider. Denn die großen Versicherungen finden üblicherweise Gehör am Markt, sie bestimmen die Stimmung und die öffentliche Diskussion mit. Gleichwohl decken sie aber auch nur ein Segment des Gesamtmarktes ab: das Spitzensegment. Sicherlich sind die Immobilienpreise in den Spitzensegmenten vielerorts gestiegen. Aber der gegenwärtige Kontext liefert mehr als nur ein Argument gegen ein Pauschalurteil.

Die zwingende Frage als Insel der Stabilität ist gleichwohl „was wir 2013 von Deutschland und den deutschen Büroimmobilien zu erwarten haben?“

Die deutsche Wirtschaft befindet sich derzeit in Folge der Krise in der Eurozone im Konjunkturabschwung: die Wirtschaftsleistung ist im vierten Quartal schätzungsweise um 0,4 Prozent geschrumpft aufgrund gefallener Auftragseingänge in der Industrie und geringerer Investitionsaktivitäten. Gleichzeitig verharrt die Arbeitslosenquote stabil bei 5,4 Prozent. Aber: das Geschäftsklima hat sich jedoch in den letzten Monaten deutlich verbessert: Sorgen um einen Zusammenbruch der Europäischen Währungsunion sind deutlich geschwunden angesichts der Ankündigung der Europäischen Zentralbank, unter bestimmten Bedingungen Staatsanleihen der Krisenländer anzukaufen. Daher sind unsere Erwartungen hoch, dass sich die Konjunktur im Laufe von 2013 stabilisiert und wieder erholt.

Ein Blick auf die Büroimmobilienmärkte

Der aggregierte Flächenumsatz ist in den Top-7-Märkten im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent gefallen wegen der schwachen Konjunktur, aber blieb in allen vier Quartalen weiter über dem langfristigen Durchschnitt. Die Umsätze fielen im langfristigen Vergleich in Berlin und München besonders stark aus, während Frankfurt als einziger Markt einen Umsatzzuwachs in 2012 verbuchen konnte. In Köln und Stuttgart gab es gleichwohl einen deutlichen Rückgang des Take-up. Die Leerstandsquote in den Top-7 in 2012 kontinuierlich von 9,2 auf 8,5 Prozent gefallen als Folge hoher Nettoabsorption und geringer Fertigstellungen (Bestandszuwachs um 0,4 Prozent in 2012).

Allerdings verdeckt diese reine Zahlenfokussierung den Blick auf die weiterhin ansteigenden Leerstandsimmobilien in den Ballungszentren. Dabei ist der Begriff Leerstand heute kein Synonym mehr für leerstehende Neubauten wie es zyklisch bedingt immer mal wieder vorkam. Nein, heute ist Leerstand mehr oder weniger ein Synonym geworden für strukturell leerstehende Flächen nach 15 Jahren Nutzung die dann keinen Anschlussnutzer mehr finden. Allerdings bietet dieser strukturelle Leerstand gerade in den Ballungszentren eine enorme Chance den Stadtumbau „grün“ zu gestalten. Die zahlreichen Konferenzen zu Refurbishment Maßnahmen zeigen zumindest eines: das Thema ist erkannt und sucht nach Lösungen, eine flächendeckende Blaupause „wie dieser Leerstand abgebaut werden kann“ existiert gleichwohl nicht. Der Leerstandsrückgang vor allem in Frankfurt, München, Köln und Düsseldorf, während Berlin und Stuttgart geringe Veränderungen verzeichneten. Verknappung moderner Flächen.

Die sogenannten Spitzenmieten – also das Segment welches rund drei bis fünf Prozent des Marktes repräsentiert – ist im zweiten Halbjahr nur in Düsseldorf und München gewachsen (durchschnittlicher Mietzuwachs in Deutschland 2012: plus drei Prozent). Aber wir beobachten einen Aufwärtstrend in einigen Nebenlagen, während auch in den Regionalzentren die Mieten tendenziell stabil sind.

Meine Erwartung: Der jüngste Konjunkturabschwung dämpft die Büroflächennachfrage und Anmietungsaktivitäten in den ersten beiden Quartalen 2013 leicht ab. Die Leerstandsquote hält sich nichtsdestotrotz stabil, da die Fertigstellungen auch 2013 moderat ausfallen und der Großteil der neuen Flächen bereits vorvermietet ist. Die Spitzenmieten halten daher das Vorjahresniveau oder tendieren sogar weiter nach oben, während die Mieten innerhalb des Sockelleerstands unter Abwärtsdruck stehen werden.

Die Jahresend-Rallye ließ das Transaktionsvolumen im Bürosektor in Deutschland im Jahr 2012 auf 10,7 Milliarden Euro ansteigen (davon Portfolio-Transaktionen im Wert von 1,5 Milliarden Euro). Dabei lassen sich zwei Erklärungen anführen:

1. die hohe Investmentnachfrage aufgrund hoher Renditedifferenz zu Bundesanleihen, ein insgesamt verbessertes Geschäftsklima sowie die Grunderwerbsteuererhöhung in Hessen.

2. die hohe Zahl an Großtransaktionen von über 100 Millionen Euro im vierten Quartal, zum Beispiel die Verkäufe der Frankfurter Welle (410 Millionen Euro) und des Junghofs (135 Millionen Euro) in Frankfurt sowie der Ten Towers (206 Millionen Euro) und des Angerhofs (150 Millionen Euro) in München.

Dabei ist gleichwohl eine starke Konzentration der Bürotransaktionen auf die Top-7-Standorte (86 Prozent aller deutschen Büroinvestments), insbesondere auf München, Frankfurt am Main und Berlin festzustellen.

Meine Erwartung: Die Investmentnachfrage bleibt weiterhin hoch, doch dem steht die Knappheit an Core-Objekten gegenüber. Es wird von der Stärke der konjunkturellen Erholung in Deutschland und der Eurozone abhängen, ob die Anleger zur Übernahme höherer Risiken bereit sind oder nicht. Die restriktiven Kreditvergabebedingungen werden ein Hemmnis für Immobilieninvestments jenseits des Core-Segmentes darstellen, nicht zuletzt aufgrund der Regulierung durch Basel III und wegen des Finanzierungsengpasses durch das Auslaufen diverser deutscher CMBS. Die Spitzenrenditen könnten deshalb nochmals leicht zurückgehen, werden sich aber im Laufe von 2013 stabilisieren.

Für die diesjährige Analyse der Immobilienmärkte bleibt meines Erachtens noch das wichtigste Argument: der Niedrigzinskontext. Denn Immobilien – selbst die begehrten Spitzenobjekte – bieten nach wie vor eine Renditedifferenz von mehr als 300 Basispunkten im Vergleich zur zehnjährigen Bundesanleihe. Sicherlich bleiben die Staatsanleihenrenditen nicht dauerhaft auf dem gegenwärtig niedrigen Niveau. Derzeit erwarte ich jedoch – aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage sowie der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken – keine starken Zinssteigerungen. Ich gehe zugleich davon aus, dass die Spitzenanfangsrenditen in Deutschland im Bürosektor zumindest bis Ende 2014 stabil bleiben. Daraus folgt, dass sich auch der Renditeabstand nicht signifikant verändert dürfte.

Zudem sehe ich ein weiteres Argument – es liegt im Mietsteigerungspotenzial. Gerade im begehrten Spitzensegment sind die Fertigstellungszahlen sehr gering, und je nach Analyst werden hier bis zu 7,5 Prozent höhere Mieten für das kommende Jahr erwartet. Die steigenden Preisen sind also – weiterhin – mit steigenden Mieten hinterlegt. Und denjenigen, die die geringen Prime Yields als übertriebenen Ausdruck von Inflationsängsten sehen, sei gesagt: Sollte die befürchtete Inflation mittelfristig eintreten, so treibt dies die Mieten weiter. Denn Büromietverträge sind, wenn sie vernünftig verhandelt sind, inflationsindexiert.

Mein Appell lautet folglich: Lieber zweimal hinschauen, als vorschnell zu hohe Preise zu kommunizieren. Wer meine Meinung nicht teilt, der sei gefragt: Wie sieht es denn abseits der Spitzenobjekte aus? Mein Eindruck ist hier, dass es noch genügend Immobilienteilmärkte gibt, in denen sich der Einstieg weiter lohnt. Das Gespür für Risiko freilich vorausgesetzt.

Der Autor Dr. Thomas Beyerle leitet den Bereich “Corporate Social Responsibility & Research” im Managementteam der Bonner Immobilien-AG IVG.

Foto: Christian Daitche

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