Immobilien Investmentmärkte zwischen Anlagedruck und Brexit

Ausländische Investoren erhöhen Aktivität

In dieser komplexen Gemengelage sei es schwierig, eine stichhaltige Prognose für das Gesamtjahr zu treffen. Die zu Beginn des Jahres prognostizierten 50 Milliarden Euro würden angesichts des Halbjahresergebnisses allerdings kaum mehr realisierbar erscheinen, auch wenn sich einige große Transaktionen in Verkaufsprozessen befinden würden.

Ausländische Investoren hätten ihre Aktivitäten in Deutschland im zweiten Quartal wieder leicht erhöht, der Anteil für das erste Halbjahr dürfte sich aber deutlich unter 50 Prozent bewegen. Allein bei den großen „Tickets“ über 100 Millionen Euro ergebe sich ein leichtes Übergewicht der ausländischen Investoren. In Bezug auf die Kapitalherkunft überwögen Großbritannien, USA oder Frankreich.

Portfolios gehen überproportional zurück

Zwar hätten die Abschlüsse im Portfolio-Segment im zweiten Quartal wieder etwas zugenommen, dennoch würden rund 72 Prozent (13,1 Milliarden Euro) des gewerblichen Transaktionsvolumens im ersten Halbjahr 2016 auf Einzeltransaktionen entfallen. Die verbleibenden 4,9 Milliarden Euro für Portfolios seien gleichbedeutend mit einem Minus von 43 Prozent zum Vorjahreshalbjahr.

17 Portfolio-Transaktionen mit jeweils mehr als 100 Millionen Euro würden 73 Prozent des gesamten Portfoliovolumens des ersten Halbjahres ausmachen. Auffällig sei die breite Streuung, von Hotel-Portfolios bis hin zu Pflegeheimen seien alle Assetklassen in den Top ten vertreten.

Ebenso breit sei die Streuung der Käufer dieser Portfolios, von den klassischen institutionellen Investoren wie Versicherungen bis hin zu Privat Equity Fonds.

Büroimmobilien auf Platz eins

In Bezug auf die Assetklassen würden 42 Prozent (7,6 Milliarden Euro) auf Büroimmobilien entfallen, gefolgt vom Einzelhandel (23 Prozent). Die verbleibenden Anteile würden sich auf Hotelimmobilien (knapp zwölf Prozent), auf Lager-/Logistikimmobilien mit (zehn Prozent), gemischt genutzte Immobilien (fünf Prozent) sowie andere Assetklassen und Entwicklungsgrundstücke (sieben Prozent) verteilen.

„Die derzeit rund laufenden Büro-Vermietungsmärkte ziehen immer häufiger auch Investoren an, die ein höheres Risiko hinsichtlich Lage und Vermietungsstand akzeptieren. Gerade für Büroimmobilien gilt, dass der laufende Miet-Cash Flow für Investoren immer wichtiger wird, denn nur so lassen sich zukünftig gute Erträge erwirtschaften“, betont Tschammler.

In diesem Zuge gelte es auch zu hinterfragen, ob althergebrachte Denkmuster aufrechterhalten werden können. „Nicht wenige Investoren stellen sich bereits heute die Frage: Was ist nachhaltiger, ein traditioneller 10- Jahres-Mietvertrag mit einer Bank oder ein 5-Jahres-Vertrag mit einem Business Center-Betreiber?“ so Tschammler.

Transaktionsvolumen: Hamburg positive Ausnahme

Nachdem sich zum ersten Quartal das Transaktionsvolumen außerhalb der Big Seven im Jahresvergleich noch stabil zeigte, liege es nun genauso wie das Ergebnis der Big Seven um rund 26 Prozent im Minus.

Nur in Hamburg habe das Transaktionsvolumen um 10 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zugelegt. In den anderen Hochburgen belaufe sich das Minus im Bereich zwischen zwölf Prozent in Stuttgart und bis zu 53 Prozent in Köln. Selbst in Berlin sei das Transaktionsvolumen um ein Drittel gesunken.

Renditekompression

Der im ersten Quartal beobachteten Erholung bei der Renditeentwicklung folge in den Monaten April bis Juni eine kräftige Renditekompression. Im Bürobereich seien die Netto-Anfangsrenditen im Mittel über alle Big Seven erstmals unter die vier Prozent-Marke gerutscht.

Spitzenrenditen für typische High Street Objekt mit Einzelhandelsnutzung in den 1A-Lagen würden im Mittel der Big seven bei 3,7 Prozent liegen. Für Shopping Center und Fachmarktzentren hätten sich die Renditen um jeweils 15 Basispunkte auf nunmehr 4,1 Prozent bzw. 5,1 Prozent reduziert, während einzelne Fachmärkte bei 5,5 Prozent stabil seien. Lager-/Logistikimmobilien erzielten im Mittel über die Big seven-Logistik-Regionen unverändert 5,27 Prozent.

Preise steigen weiter

„Ein Ende des Preisauftriebs ist kurz- und mittelfristig noch nicht abzusehen und wird sicherlich noch so lange anhalten, bis ein Ende der „Null-Zins-Politik“ der EZB zumindest abzusehen ist“, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

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„Mit dem Brexit-Votum wurden aber nun gerade Fakten geschaffen, die ein Ende der lockeren Geldpolitik erneut auf unbestimmte Zeit verschoben haben. Dies in Kombination mit der daraus entstehenden Unsicherheit treibt Investoren in sichere Anlagehäfen wie Immobilien und hier vor allem in die typischen Core-Büroimmobilien in den Big Seven.“

„Da wir bis Ende des Jahres einen weiteren Rückgang der Renditen um zehn Basispunkte erwarten, gleichzeitig auch die Spitzenmieten um drei Prozent steigen werden, wird das Wachstum der Kapitalwerte auch in diesem Jahr zweistellig ausfallen und mit knapp zwölf Prozent das Vorjahr noch einmal toppen“, so Scheunemann. (kl)

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