Die Halver-Kolumne: Das alte Europa schlägt zurück!

Warum ist Bella Italia zum neuen Prügelknaben von S&P und Moody’s geworden? Das Land ist doch immer ein treuer Verbündeter der USA gewesen. Wenn man denkt, es geht nicht mehr, muss eben von irgendwo ein Schuldiger her.

Und Frank Sinatra und Al Pacino oder auch Martin Scorsese mit ihren italienischen Wurzeln haben die US-Show- und Filmwelt ähnlich positiv geprägt wie Pizza und Pasta den Speiseplan der Amerikaner. Natürlich – so kann man einwenden – ist Italien kein Asket und frommer Stabilitätsanhänger. Das Land hat aber deutlich mehr zu bieten als nur eine dramatische Staatsverschuldung. Zumindest im Norden findet sich ein erfolgreicher Mittelstand, ähnlich wie zum Beispiel im deutschen Vorzeige-Ländle Baden-Württemberg, mit vielen Produkten und Unternehmen von untadeligem Weltruf. Grundsätzlich könnte Italien mit etwas mehr Emozione sogar das Schuldenproblem aus eigener Kraft – wenn auch mit schmerzlichen Einschnitten im Staatshaushalt und Steuererhöhungen – in den Griff bekommen. Italien ist definitiv nicht Griechenland.

Warum wird also dennoch ausgerechnet Italien so hart von Rating-Agenturen angepackt? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das große Amerika über den Hebel der Finanzmärkte von den eigenen, noch größeren Problemen ablenken will. Und hierbei scheint die Bambule gegen Italien – ein G7-Land und die Nr.3 in Euroland – die nötige kritische Masse auf die sich gegen Euroland neigende Waagschale zu bringen. Nicht zuletzt bieten die entzückenden Darbietungen des Ministerpräsidenten einen dramaturgisch passenden Nährboden. Natürlich weiß man, dass, wenn Italien wankt, auch Euroland wankt.

Diese auch von den US-Finanzmedien clever initiierte Aufmerksamkeitsumlenkung von Amerika weg und auf Italien und damit Euroland hin macht es einfach, einen Schuldigen sogar für die Wirtschaftsschwäche der Amerikaner zu finden: Euroland und dessen Banken. Diese Indoktrination, die Vertauschung von Ursache und Wirkung der von Amerika ausgehenden Finanzkrise, zeigt sich schon im Kleinen. Normalerweise ist Europa in Amerika weniger bedeutend als Football oder die millionste Eröffnung einer Hamburgerkette. Bis jetzt! Wenn ich heutzutage meine Freunde in Amerika anrufe, sind wir spätestens nach zwei Minuten bei der „Big European Debt Crisis“ angekommen. Es fehlt nur noch, dass man mir das Beileid ausspricht, Europäer zu sein.

Mit dem Platzen der US-Immobilienblase hat sich für die Mehrheit der Amerikaner zwar auch der amerikanische Traum in Luft aufgelöst und die US-Geldpolitik ist zur zahnlosen Tigerente geworden. Aber davon liest man in offiziellen amerikanischen Postillen so gut wie nichts.

Seite 2: Realitätsdämmerung der Euro-Politik

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