„Globale Ausrichtung ist Schlüssel der Krisenresistenz“

Foto: Amundi
Joachim Rädler: „Der Fonds hat ein sehr starkes Alleinstellungsmerkmal, das wir als Ausschüttung 2.0 bezeichnen.“

Nachhaltigkeit ist als Investmentthema nicht mehr wegzudenken und hält in immer mehr Fondsprodukte Einzug. Der Amundi Welt Ertrag Nachhaltig von Amundi Deutschland ist ein Multi-Asset-Fonds und hat den Financial Advisors Award in der Kategorie „Nachhaltige Investmentfonds“ gewonnen. Fondsmanager Joachim Rädler sprach mit uns über die Chancen und Herausforderungen für den Fonds in der derzeitigen Situation von Rekordinflation und drohender Rezession sowie über die ESG-Strategie.

Der Amundi Welt Ertrag Nachhaltig ist seit Dezember letzten Jahres am Markt. Wie hat sich der Fonds seitdem entwickelt?

Rädler: Seit der Auflage des Fonds haben wir eine Vielzahl von einschneidenden Ereignissen gesehen, die auch an den globalen Finanzmärkten spürbar waren. Diese konnten wir gut umschiffen, nicht zuletzt, weil wir weder in russische noch ukrainische Aktien oder Anleihen investiert waren. Insgesamt entwickelt sich der Fonds sehr gut gegenüber der Mornigstar Vergleichsgruppe EAA Fund Euro Moderate Allocation Global – gegen welche wir uns messen.

Die Volatilität ist derzeit an vielen Märkten sehr groß. Inwieweit kann der Fonds jetzt als Multi-Asset-Produkt seine Stärken ausspielen?

Rädler: Ja in der Tat zeigen sich gerade in solchen Marktphasen die Stärken unseres Multi-Asset-Ansatzes. Zum einen gibt uns unsere globale Ausrichtung die Möglichkeit, in Regionen zu investieren, die nicht unmittelbar von den aktuellen Krisen betroffen sind oder sogar davon – man darf es kaum sagen – profitieren können. Zum anderen nutzen wir Anlageklassen, wie zum Beispiel Währungen, die das gesamte Portfolio diversifizieren und damit die Volatilität des Fondskurses für unsere Anleger reduzieren. Nicht zuletzt nutzen wir die hohe Volatilität auch durch den Verkauf von Put-Optionen auf einzelne Aktien, um zusätzliche ausschüttungsfähige Erträge zu erzielen.

Nicht nur in Europa, sondern offensichtlich auch in den USA muss kurzfristig mit einer Rezession gerechnet werden. Wie gehen Sie damit im Rahmen der Asset Allocation um? Wie machen Sie den Fonds krisenresistent?

Rädler: In den USA scheint eine „sanfte Landung“ noch immer in Reichweite zu sein, aber die Rezessionsrisiken für Mitte 2023 sind gestiegen. Die Verschlechterung der US-Konjunktur ist noch nicht auf die anhaltende Straffung der Fed zurückzuführen, und der Arbeitsmarkt bleibt stark, auch wenn sich Risse zeigen. Wir haben in diesem Umfeld das Aktienexposure reduziert und halten die Duration kurz. Selbstredend bleibt die globale Ausrichtung bestehen, da dies definitiv ein Schlüssel der „Krisenresistenz“ ist.

In welchen Segmenten sehen Sie aufgrund der vorgenannten drohenden Situation die größten Ertragschancen?

Rädler: Nun, ganz klar im Optionsbereich, denn die drohenden Rezessionsängste erhöhen in den meisten Fällen die Volatilität an den Aktienmärkten, welche uns dann beim Verkauf von Put-Optionen durch höhere Prämieneinnahmen zugutekommt.

Worin unterscheidet sich der Fonds von den Wettbewerbern?

Rädler: Der große Unterschied zu anderen ausschüttenden Mischprodukten ist die Loslösung von klassischen Dividendensektoren und couponstarken Anleihesegmenten, wie zum Beispiel des Hochzinssegments. Hier bietet der Amundi Welt Ertrag Nachhaltig ein sehr starkes Alleinstellungsmerkmal, das wir als Ausschüttung 2.0 bezeichnen. Hierbei nutzen wir das sogenannte „Veroptionieren von Puts auf Einzeltitel“ als zusätzliche Säule im Portfolio, um Erträge zu erwirtschaften. Das Veroptionieren von Puts auf Einzeltitel ermöglicht uns, eine Zusatzprämie zu generieren, um letztendlich die vier Prozent jährliche Ausschüttung zu erreichen. Somit sind wir nicht rein an klassische Segmente wie Versorger, et cetera, gebunden um Dividenden zu erwirtschaften. Durch diese gewonnene Unabhängigkeit haben wir zum Beispiel auch die Möglichkeit, in Wachstumstitel zu investieren, die zwar keine Dividende ausschütten, sich aber in der Vergangenheit performancetreibend ausgewirkt haben. Darüber hinaus haben wir eine äußerst flexible Asset Allocation. Wir können unsere globale Aktienquote in einer Bandbreite von 30 bis 70 Prozent und die Durationen zwischen zwei bis sieben Jahren sehr flexibel steuern. Das ist, soweit mir bekannt, auch ein Novum in diesem Mischfondssegment. Damit nehmen wir unseren Anlegern die Entscheidung bezüglich der Asset Allocation zu einem beträchtlichen Teil ab. Insgesamt kann man aber sagen, dass es aufgrund der aktuellen Marktsituation, in den nächsten Wochen und Monaten von entscheidender Bedeutung sein wird, dass wir das Aktienrisiko sowie das Aktien-Exposure gut steuern und im Zusammenspiel mit der Duration gut abfedern.

Die weltweit verfügbaren Investmentmöglichkeiten im Aktiensegment auf ESG-Konformität zu durchleuchten ist bereits eine Herausforderung, weitere Assetklassen hinzuzunehmen scheint eine Herkulesaufgabe zu sein. Wie bewältigen Sie diese?

Rädler: Es ist in der Tat eine Herkulesaufgabe und in erster Linie geht es dabei um Daten. Wir bedienen uns der Daten von insgesamt 15 Ratingagenturen und Dataprovidern. Allein die durch diese externen Datenlieferanten zur Verfügung gestellten Informationen zu kanalisieren, zu gewichten und letztendlich zu einem ESG-Score zusammenzufassen, das ist schon eine herausfordernde Aufgabe. Die haben wir aber in den letzten Jahren sehr gut gemeistert, indem wir diese Daten in unser proprietäres Front-Office-System „ALTO“ implementiert haben.

Als Portfoliomanager kann ich so nun innerhalb von Sekunden sehen, wie sich mein Portfolio in den Bereichen ESG, CO2-Emissionen oder Taxonomiekonformität, auffächert. Im Gegensatz zu anderen Häusern haben wir das Thema Nachhaltigkeit oder ESG früher aufgenommen, und uns dadurch einen guten Vorsprung erarbeitet – nicht nur in Bezug auf Know-how, sondern auch durch die Programmierung und Implementierung des erwähnten ESG Interfaces in unser hauseigenes Portfolio Management System ALTO.

Wie läuft der Investmentprozess – also die Fundamentalanalyse und das ESG-Scoring – konkret ab?

Rädler: Grundsätzlich sind beide Bereiche zunächst getrennt, bevor sie dann im Portfolio in Form einzelner Assetklassen zueinanderfinden. Die Fundamentalanalyse auf der Aktien- und auf der Anleihenseite wird von unseren Analysten nach den klassischen ökonomischen Kriterien durchgeführt. Die ESG-Analyse ist komplett gesondert zu sehen. Unsere 40 ESG-Analysten, die vornehmlich in Paris sitzen, schauen sich die Unternehmen anhand von 37 Kriterien in den Bereichen E, S und G an und ermitteln dann den ESG-Score. Für einen Mischfonds mit Nachhaltigkeitsfokus, bedeutet das eine Verkleinerung des Investierbaren Universums. Ein Beispiel – der MSCI-All Country-World-Index beinhaltet ca. 3.000 Aktien, wir können nach Berücksichtigung unserer ESG-Kriterien nur 1.200 Unternehmen der näheren Analyse unterziehen.

Stichwort ESG-Scoring, welcher Wert muss dabei erreicht sein, damit Sie sagen „Ja, das passt, ich kann investieren“?

Rädler: Für den Amundi Welt Ertrag Nachhaltig würden wir ausschließlich in die bessere Hälfte der ESG-gescreenten Titel investieren können, das heißt A bis einschließlich D. Auf Gesamtportfolioebene streben wir ein Durchschnittsrating von C und besser an. Nach oben hin wird die Luft allerdings recht dünn. Beispielsweise gibt es aktuell nur 52 Emittenten, die ein A-Rating haben.

Interview: Frank O. Milewski, Cash.

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