Ein Jahrzehnt der Sachwerte

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Büroimmobilien verzeichnen im Schnitt zweistellige Verluste.

Robert C. Spies veröffentlicht Marktausblick 2021: Aufholeffekte, veränderte und flexiblere Flächenanforderungen sowie eine Fokussierung auf digitale Aspekte und auch Nachhaltigkeitskriterien prägen das Marktgeschehen – Sicherheit und neue Perspektiven im Fokus

Dem deutschen Immobilienmarkt wird insbesondere im internationalen Vergleich eine hohe Resilienz zugesprochen. Als einer der Stabilitätsanker in Europa sind auch internationale Investoren verstärkt aktiv. Dabei werden die 2020er Jahre ein Jahrzehnt der Sachwerte – Sicherheit und langfristige Renditen spielen zukünftig eine größere Rolle. 

Auf dem Investmentmarkt bleibt die hohe Risikoaversion der Investoren erhalten, was entsprechende Auswirkungen auf Verschiebungen zwischen den Assetklassen zur Folge hat. Aufholeffekte aufgrund pandemiebedingter Schwierigkeiten im vergangenen Jahr sind wahrscheinlich, sodass ein stabil hohes Investitionsvolumen zu erwarten ist. Gleichermaßen werden die Nachfrage nach (noch) höherer Qualität, verstärkte Digitalisierung und eine steigende Bedeutung der Nachhaltigkeitskriterien die Immobilienbranche künftig kennzeichnen. 

Wohnimmobilien

Der deutsche Wohnimmobilienmarkt zeigt sich krisenresistent. Wohnimmobilien gelten nach wie vor als sicheres Investment und eine der wertstabilsten Anlageformen. Bestandsimmobilien sind besonders gefragt. Die Liquidität im Markt ist weiter hoch, was eine entsprechend große Nachfrage nach sich ziehen wird – vor allem in Großstädten ab 150.000 Einwohnern (A, B, und C-Standorte) mit einem hohen Wohnanteil von mindestens 80 Prozent. Die Preise werden vor allem in bevorzugten Lagen weiter steigen. Kaufpreissteigerungen werden die Mietpreisdynamik übersteigen mit der Folge steigender Faktoren.

Der „Einsperr-Effekt“ durch Corona sorgt für eine Bewusstseinsschärfung hinsichtlich Wohnen und engstem Wohnumfeld, was veränderte Anforderungen an Wohnimmobilien nach sich zieht. Dazu gehören mehr Raum für (regelmäßiges) Arbeiten im Homeoffice sowie eine erhöhte Nachfrage nach Ausstattungsmerkmalen wie Balkon, Garten und guten Nahversorgungsmöglichkeiten im Umfeld.

In vielen „Schwarmstädten“ besteht weiterhin eine große Wohnungsbaulücke, sodass die Nachfrage das Angebot hier weiterhin übersteigt. Aufgrund hoher Kaufpreise zeigt sich jedoch eine starke Ausweichbewegung auf das direkte Umland der Schwarmstädte. Dies gilt insbesondere für preissensible Gruppen, die Einfamilienhäuser, Doppelhäuser oder Reihenhäuser nachfragen.

Logistikimmobilien

Logistikimmobilien bleiben nach wie vor ein „Gewinner“. Der Bedarf an Logistik- und Produktionsimmobilien wird bundesweit auf sehr hohem Niveau konstant bleiben mit Tendenz nach oben. Die Nachfrage wird sich vor allem auf zentrale städtische Lagen und die Randlagen der Agglomerationsräume konzentrieren. Sinkende Flächenreserven an stark nachgefragten Logistikstandorten werden zu steigenden Kaufpreisen führen. 

Folglich wird auch der Investmentbereich für Logistikimmobilien ein starkes Jahr 2021 zurücklegen. Der Bedeutungsgewinn für diese Assetklasse wird nochmals zunehmen, auch aufgrund weiterer Umschichtung in signifikanten Größenordnungen des Kapitals bei Anlegern zugunsten der Logistikbranche. Wirtschaftsstrukturelle Treiber dieser Entwicklung sind vor allem der starke Zuwachs im Handelsbereich (E-Commerce).

Handelsimmobilien/ Lebensmitteleinzelhandel

Der Lebensmitteleinzelhandel bleibt stets ein Stabilitätsanker der Gesellschaft. So zeigt sich die Sicherheit dieser Assetklasse auch im Investmentbereich deutlich. Die Nachfrage nach lebensmittelgeankerten Fachmarktzentren und Vollsortimentern/ Discountern im Lebensmitteleinzelhandel ist hoch, auch aufgrund der extremen Systemrelevanz. Dies zeigt sich für Investoren in stabilen Cashflows.

Trends: Discounter wollen verstärkt in die Innenstädte, um Marktanteile gegenüber den Vollsortimentern zu generieren. Die Zunahme von Lieferdiensten sowie „click and collect“ ist stark. Auf Investorenseite steigt der Nachhaltigkeitsaspekt auf der Wichtigkeitsskala deutlich an.

Einzelhandelsflächenvermietung

Die Corona-Krise gilt als „Brandbeschleuniger“ für den tiefgreifenden strukturellen Wandel im Einzelhandel insbesondere in den 1A-Lagen. Dies betrifft insbesondere die Mode- und Textilbranche. Spitzenmieten geraten dabei zunehmend unter starken Druck. Die Rahmenbedingungen und Parameter von Mietverträgen ändern sich und Flexibilität spielt eine größere Rolle. Auch umsatzabhängige Mieten werden vermehrt vereinbart.

Langfristig kann die Highstreet-Immobilie ihre Attraktivität halten, dafür braucht es aber die Bereitschaft und Fähigkeit der Kommunen und Städte in City-Infrastrukturen zu investieren, um erlebbare öffentliche Räume mit Attraktionen für alle Alters- und Konsumentengruppen zu schaffen sowie die Aufenthaltsqualität generell zu steigern. Perspektivische Entwicklungen in der gesamten Einzelhandelsbranche – gerade in den Innenstadtlagen – erfordern durchdachte Immobilienkonzepte mit innovativen Vermietungsansätzen und einer professionellen, individuellen Beratung. 

Großflächiger Einzelhandel über mehrere Etagen wird eine Ausnahme werden und ist kein Modell der Zukunft für die Städte. Dabei werden mixed-use Konzepte zunehmend an Bedeutung gewinnen, gelichzeitig wird die Kleinteiligkeit der Flächen zwingend zunehmen. Eine stärkere Nutzungsmischung in den Innenstädten geht einher mit einem „Ineinandergreifen“ der Assetklassen Handel/ Retail, Gastronomie, Büro/ Praxis, Wohnen, Bildung sowie Kultur/ Entertainment.

Büroimmobilien

Investoren fokussieren sich auf Core-Produkte und Innenstadtlagen bzw. etablierte Büro-Standorte, werden wählerischer und scheuen vermehrt das Risiko in Randlagen zu gehen.

Die Flächenbedürfnisse auf dem Büromarkt wandeln sich weiter bei steigenden Anforderungen. Qualität und Nachhaltigkeit (Cradle to Cradle) stehen dabei hoch im Kurs. Bei Neubauprojekten ist die Drittverwendungsfähigkeit ein entscheidendes Kriterium, da Mietvertragslaufzeiten kürzer werden. 

Insgesamt wird sich die Nachfrage auf flexiblere und digitale Konzeptekonzentrieren. Der Gesundheitsaspekt mit (technischen) Luftfiltermöglichkeiten und Abstandsaspekte werden grundlegend, damit das Büro trotz Etablierung von Homeoffice als Arbeits-, Begegnungs- und Austauschort für qualitatives Zusammenkommen notwendiger Anker für Unternehmenskultur und Mitarbeiteridentifikation sein kann. Somit werden für Büroimmobilien Themen wie Corporate Identity, aktivitätsbasierte Flächenkonzepte und Quartiersaspekte stärker in den Fokus rücken. Auf den damit einhergehenden Wandel der Arbeitswelten wirkt die Corona-Krise beschleunigend.

Hotel- und Tourismusimmobilien

Hotel-, Tourismus- und Freizeitimmobilien werden mit Erreichen einer Herdenimmunität durch die „Durchimpfung“ der Bevölkerung wieder eine Rolle spielen. Die von der Krise extrem tief getroffene Assetklasse wird jedoch eine Phase der Erholung benötigen, bevor das Niveau von 2019 wieder erreicht werden kann. Die zu erwartende Konzentration bei Betreibern lässt jedoch eine nicht unerhebliche Anzahl an Transaktionen erwarten. Für Investoren können sich hier werthaltige Opportunitätenergeben, da mit fallenden Preisniveaus gegenüber dem Vorkrisenniveau zu rechnen ist. Kurzfristig nach einer Aufhebung der Kontakt- und Reiserestriktionen, aber aufgrund eines veränderten Bewusstseins auch mittel- bis langfristig können touristische Destinationen im Inland aber auch im nahen europäischen Ausland durchaus profitieren.

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