Lieferengpässe und Folgen für die Immobilienwirtschaft

Foto: von Poll Immobilien
Daniel Ritter, von Poll Immobilien: "Grundsätzlich gehen wir – entgegen einiger Annahmen – nicht davon aus, dass jetzt eine Immobilienblase platzt."

Bei Bauprojekten kommt es durch Lieferengpässe und den deutlich steigenden Materialpreisen vereinzelt zu Verzögerungen. Die Auswirkungen der aktuellen Mangelwirtschaft sind teilweise auch auf dem Immobilienmarkt spürbar.

Privatpersonen und auch Unternehmen neigen dazu, Produkte und Waren zu horten, wenn sie eine Knappheit des Angebots befürchten. Unternehmer bestellen mehr Materialien als notwendig, um ihre Lager zu füllen und sich so vor einer bevorstehenden Knappheit abzusichern. Während dieses Verhalten für alle Verbraucher ungünstig ist, können zusätzlich auch weitreichende Folgen für diegesamte Wirtschaft entstehen.

Lieferengpässe – woran mangelt es?

Derzeit sind Engpässe in fast allen Branchen zu beobachten. Neben Werkstoffen wie Stahl und Dämmmaterial oder Holz und Kunststoff, fehlt es auch an Fachkräften. Schon vor der Pandemie gab es einen Mangel an Arbeitskräften in den handwerklichen Berufen – dieser wurde nun nochmal verstärkt. Dabei fehlt es den Unternehmen nicht an Aufträgen, vielmehr ist der Mangel an Materialien und Personal schuld an den Engpässen. Die Ursachen für die derzeitige Mangelwirtschaft sind weitreichend.

Auch der Immobilienmarkt ist davon betroffen. Der Hausbau hat sich in der Vergangenheit aufgrund der knappen Rohstoffe sowie fehlenden Fachkräfte deutlich verteuert. Bei Fertighäusern kommt es zu baulichen Verzögerungen. Die Immobilienpreise für Bestandsbauten halten sich dagegen weiter stabil.

Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

Wer aktuell ein Haus bauen, renovieren oder sanieren möchte, sollte sich auf längere Wartezeiten einstellen. Vor allem Neubauprojekte sind von der Knappheit an Werkstoffen und Materialien betroffen. Verzögerungen auf Baustellen, Lieferengpässe und deutlich angestiegene Materialpreise sind die Folge. Um weitere Preiserhöhungen auffangen zu können, werden schon jetzt bei vielen Bauprojekten höhere Materialkosten einkalkuliert.

Inflationsentwicklung: Steigende Rohstoffpreise

Nicht nur Unternehmen sind von den aktuellen Warenengpässen betroffen, auch Privatpersonen stehen immer häufiger vor leeren Regalen in Baumärkten und Gartencentern. Dabei nehmen Materialmangel und steigende Rohstoffpreise auch Einfluss auf die Inflationsentwicklung. Im August lag die Inflationsrate bei 3,9 Prozent. Ölverknappung beziehungsweise Rohstoffengpässe und politische CO2-Regulierungen führen zu steigenden Preisen und sind ebenso ein Inflationstreiber.

Und auch die Preise für Baustoffe wie Holz, Stahl und Dämmmaterialien steigen deutlich weiter. Im Vergleich zum Vorjahresmonat kletterten, laut Statistischem Bundesamt, die Preise für Konstruktionsvollholz im Mai 2021 um 83,3 Prozent, für Dachlatten um 45,7 Prozent und für Bauholz um 38,4 Prozent. Auch bei Stahl waren deutliche Preissteigerungen zu beobachten.

Langfristige Aussichten

Doch was bedeutet das für Verbraucher? Zunächst ist der Materialmangel im August leicht abgeschwächt, vor allem im Holzsegment hat sich die Lage leicht entspannt. Dennoch müssen Verbraucher auch in der näheren Zukunft mit Verzögerungen rechnen. Wer heute ein Bauprojekt plant, sollte mehr Zeit einplanen und auch höhere Kosten einkalkulieren, sodass es am Ende keine unerwarteten Überraschungen gibt oder gar zu einem Baustopp kommt. Durch anhaltende Engpässe würden die Preise weiter steigen. Einige Experten gehen davon aus, dass sich die Situation auf lange Sicht wieder einpegeln wird. Dennoch sollten Eigentümer, auch bei bereits begonnen Bauprojekten, mit ihrem Bauunternehmer sprechen, um eine gemeinsame Lösung für die nächsten Schritte zu finden. So lassen sich Missverständnisse bezüglich des Zeit- und Kostenrahmens vermeiden.

Daniel Ritter ist geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL
IMMOBILIEN
mit Hauptsitz in Frankfurt.

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