„Risikodifferenzierung in BU und EU nicht mehr zurückzudrehen“

Berufsunfähigkeitsversicherung und sonst nichts – dieses Vertriebsmotto wird zunehmend infrage gestellt. Immer mehr Versicherer wenden sich der Absicherung der reinen Arbeitskraft zu. Wie Makler und Kunden für den Wandel zu gewinnen sind, diskutierte Cash. mit vier Branchenexperten.

Existenzschutzversicherung
Edgar Heck, stellv. Direktor und Leiter Produktmanagement Vorsorge der Axa Versicherung (oben links); Gerhard Frieg, Vorstand Produktmanagement und Marketing der HDI Lebensversicherung (oben rechts); Jürgen Hansemann, Direktor Produktförderung, Nürnberger Versicherung (unten links); Frank Lamsfuß, Vorstand der Barmenia Versicherungen (unten rechts).

Cash.: Die Branche arbeitet verstärkt an Alternativlösungen zur BU, die sich an Menschen mit höheren Berufsrisiken richten. Unter Versicherungsmaklern gilt die BU jedoch als „Königsprodukt“, von dem sie nur ungern abrücken. Wie gehen Sie mit dieser Problematik im Vertrieb um?

Jürgen Hansemann, Nürnberger Versicherung: Die Königslösung gibt es nicht, aber lassen Sie mich zunächst etwas ausholen: Der BU-Markt ist in den 90er-Jahren großgeworden. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Bedingungen immer stärker in den Vordergrund gestellt – nach der Devise: Die BU muss in den Leistungskomponenten auf einem Top-Niveau sein – nur dann darf sie verkauft werden. Das ist den Vermittlern regelrecht eintrainiert worden. Auch die Ratingagenturen haben diesen Kurs unterstützt.

Vor diesem Hintergrund ist es für die Branche natürlich nicht einfach, dem Vertrieb eine Ausschnittsdeckung schmackhaft zu machen. Teilweise hören wir von Maklern, dass sie in der Haftung stünden, wenn sie ihren Kunden „nur“ eine Ausschnittsdeckung vermitteln. Auf der anderen Seite ist eine BU für viele Menschen nicht finanzierbar. Momentan – das muss man ganz deutlich sagen – steht die Zielgruppe der stark körperlich Tätigen ziemlich allein da. Ein Unfallschutz wird in dieser Zielgruppe noch angeboten, aber dann hört es eigentlich schon auf.

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Frank Lamsfuß, Barmenia Versicherungen: Ich denke, was Herr Hansemann beschrieben hat, spiegelt eine normale Entwicklung wider, die ein Vertrieb im Laufe der Zeit nimmt. Dazu muss man sagen, dass der Ansatz der ganzheitlichen Betrachtung und des Konzeptverkaufs noch relativ jung ist und sich erst noch im Markt durchsetzen muss. Letztendlich sind wir uns auch alle darüber einig, dass die BU nicht nur für den Makler das Königsprodukt ist. Daher sollte es auch in erster Linie verkauft werden.

Wenn das nicht funktioniert – aus welchen Gründen auch immer – ist es aber wichtig, alternative Möglichkeiten anbieten zu können. Zudem gibt es nicht nur ein Entweder/Oder, sondern auch ein Und – das sollte angesichts von BU-Durchschnittsrenten von unter tausend Euro bedacht werden. Hier gibt es immer noch Deckungslücken, das heißt Kunden haben einen Bedarf nach ergänzender Absicherung.

Seite zwei: „Natürlich ist die BU die bestmögliche Absicherung“

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