Mehr Transparenz in der kapitalbildenden Lebensversicherung

Wenn das so ist – und vieles spricht dafür, dass man dem wohl zustimmen muss – dann folgt daraus aber, dass man an dem gesetzlichen Postulat, nämlich der Transparenz der Überschussbeteiligung in der kapitalbildenden Lebensversicherung nicht mehr festhalten darf.

Anders formuliert: Die vertragsrechtliche Lösung muss zurücktreten, weil sie schlicht überfordert ist. An ihre Stelle muss die Lösung treten, die das Bundesverfassungsgericht ebenfalls für möglich und zulässig gehalten hat – das ist die aufsichtsrechtliche Lösung.

Aufsichtsrechtliche Lösung als Alternative

Will sagen, wir brauchen ein Umdenken bei der kapitalbildenden Lebensversicherung. An die Stelle des Privatrechtsmodells sollte das sehr viel leichter handhabbare, weniger bürokratische und damit deutlich kostengünstigere aufsichtsrechtliche Modell treten.

Die Folge davon wäre, dass es auch keine Festlegungen mehr über die Beteiligung an Bewertungsreserven im VVG gäbe. Stattdessen würde man sinnvollerweise einen Beirat für die kapitalbildende Lebensversicherung/Rentenversicherung (RentenV) bei der Bafin bilden.

In diesem Beirat säßen die Vertreter der Versicherer, der Vermittler und der Versicherten und würden Jahr für Jahr über den Ausgleich der Kollektiv- gegenüber den Individualinteressen entscheiden – bei der Gelegenheit würde dann auch mitentschieden werden, welche Gruppe wie stark und warum an Bewertungsreserven beteiligt sein sollte.

Versicherte steuern ihre Interessen über einen Beirat

Auf diese Weise würde der Interessenausgleich stattfinden, den sich das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2005 vorgestellt hat. Für die Versicherten entstünde ein klares Bild darüber, dass sie ihre eigenen Interessen an einer funktionsfähigen KLV selbst mitbeeinflussen und steuern würden, nämlich über den Beirat – für die Versicherer entstünde ebenfalls eine völlig klare Linie, die ihnen das Kalkulieren der KLV erleichtern würde – das Gleiche würde für die Vertreter der Bafin und der Vermittlerschaft gelten.

Der langen Rede kurzer Sinn: Das Privatrechtsmodell KLV/RentenV ist mit Blick auf die Überschussbeteiligung offensichtlich überfordert, es sollte abgelöst werden durch das aufsichtsrechtliche Modell, das das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2005 als verfassungsrechtlich möglich, zulässig und vernünftig bereits eröffnet hat.

Autor Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels-, Wirtschafts- und Europarecht an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Foto: BDV

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