„Ein eigenes Rechtssystem führt zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen“

Cash. sprach mit Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender der Talanx Pensionsmanagement und verantwortlich für die betriebliche Altersversorgung (bAV) bei HDI, über das Ziel der Großen Koalition, die betriebliche Altersversorgung zu stärken.

Fabian von Löbbecke, HDI: "Nur wer seine Versorgungslücke aufgezeigt bekommt, kann ausreichend vorsorgen."
Fabian von Löbbecke, HDI: „Nur wer seine Versorgungslücke aufgezeigt bekommt, kann ausreichend vorsorgen.“

Cash.: Die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Deutschland – insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben – ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, ist allerdings noch Gegenstand teils hitziger Diskussionen. Das Gutachten von Prof. Peter Hanau und Dr. Marco Arteaga im Auftrag des BMAS schlägt zum Beispiel den Aufbau eines „Sozialpartnermodell Betriebsrente“ vor, das gemeinsam von den Tarifvertragsparteien getragen werden soll. Die Versicherungswirtschaft sieht dieses Konzept vorwiegend kritisch. Worauf beruht Ihre Kritik?

von Löbbecke: Wir begrüßen grundsätzlich das Ziel der Großen Koalition, die betriebliche Altersversorgung zu stärken. Auch die Idee einer sogenannten Zielrente, wie sie die Gutachter des Bundesarbeitsministeriums vorschlagen, finden wir durchaus bedenkenswert. Bei dem Zielrentenmodell gibt es eine feste Beitragszusage; die spätere Leistung wird jedoch nicht verbindlich festgelegt, sondern nur gewissenhaft geschätzt. Da Beitragszusagen mit garantierter Mindestleistung in Zeiten von Nullzinsen immer schwerer darzustellen sind, könnten Zielrenten ein guter Mittelweg sein. Allerdings sollte diese nicht nur dem Sozialpartnermodell vorbehalten bleiben, sondern auch nicht tarifgebundenen Arbeitgebern zustehen. Überhaupt will Frau Nahles für die Tarifrente ein völlig neues System schaffen – mit eigenen Regeln und Vorschriften. Ein eigenes Rechtssystem führt jedoch zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Das ist nicht gut für die Entwicklung der bAV in Deutschland, zumal die Komplexität von bAV-Lösungen im Betrieb dadurch noch erheblich erhöht würde.

Die Bundestagsabgeordnete Anja Karliczek (CDU) sagte, dass ihre Partei bei den Themen „Opting-Out, Anrechnung auf die Grundsicherung und die Förderung von Kleinstverdienern“ ansetzen wolle, um die zweite Säule zu verbreitern. Nun ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) offenbar dazu bereit, bAV-willige Kleinstverdiener mit direkten staatlichen Zuschüssen zu unterstützen. Welche Prioritäten würden Sie setzen wollen, um die bAV-Durchdringung voranzubringen?

von Löbbecke: Um Geringverdiener von der bAV zu überzeugen, ist es das Wichtigste, dass die Betriebsrente nicht weiter auf die Grundsicherung angerechnet wird. Warum sollte eine Verkäuferin auf Gehalt verzichten, wenn sie nicht weiß, ob sie im Alter davon profitiert? Das Gleiche gilt für die volle Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Es war ein großer Fehler, die Betriebsrentner damit zu belasten. Dieser Fehler sollte dringend korrigiert werden. Darüber hinaus wäre es wichtig, die steuerliche Förderung zu vereinheitlichen und auszubauen. Der Gesetzgeber sollte den Förderrahmen auf bis zu zehn Prozent der Beitragsbemessungsgrenze West anheben, um höhere Betriebsrenten zu ermöglichen. Gerade in Zeiten von Niedrigzinsen sind höhere Spareinsätze gefordert. Unabdingbar für eine weitere Verbreitung der bAV ist schließlich, dass die Beratung durch Experten beibehalten wird. Nur wer seine Versorgungslücke aufgezeigt bekommt, kann ausreichend vorsorgen.

Seite zwei: „Vielen kleinen und mittleren Unternehmen ist die bAV zu komplex.“

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