„BU-Prämie nicht von vornherein betonieren“

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Jürgen Voß: „Eine der zentralen Fragen auch für den Vertrieb wird sein, wer dauerhaft verlässlichen Schutz anbieten kann.“

Welche weiteren Markttrends sind für Sie besonders bedeutsam?

Voß: Ich begrüße die Diskussion, die Assekurata unlängst angestoßen hat. Darin wird gefordert, sich von der reinen Produktdiskussion zu lösen und die Anbieter stattdessen eher ganzheitlich zu betrachten. Jeder weiß mittlerweile, dass unsere etwa achtzig Lebensversicherungsgesellschaften in Deutschland schwer an den Lasten tragen, die sie sich in den letzten Jahrzehnten mit sehr hohen Garantieversprechungen aufgebürdet haben. Und die Anbieter, die heute in den BU-Markt drängen, haben teilweise extrem hohe Versprechen aus der Vergangenheit in den Büchern, die sie auf irgendeine Weise ausfinanzieren müssen. Und dieses Ausfinanzieren der Altlasten bedeutet, dass das Geld irgendwoher kommen muss. Und es gibt keine Trennung innerhalb einer Lebensversicherungsgesellschaft zwischen dem BU-Anbieter „Pfefferminzia“ und dem Altlastenanbieter „Pfefferminzia“. Wenn bei Letzterem die Lücke klafft, dann wird ab einem gewissen Zeitpunkt auch das BU-Geschäft dafür herangezogen werden müssen. Die zunehmende Regulatorik verschärft das Problem zusätzlich. Es gab im Übrigen bereits 2014 eine Studie von Franke und Bornberg, die untersucht hat, wie stabil die BU-Überschussbeteiligungen der Anbieter in der Vergangenheit waren. Im Ergebnis haben ganz wenige Anbieter, die Nürnberger gehört dazu, ihre BU-Überschussbeteiligungen noch nie verändert. Und ein erster bekannter Anbieter hat dieses Jahr flächendeckend über den Gesamtbestand die Überschussbeteiligung abgesenkt. Ich vermute, dass es diesen Vorgang in den nächsten Jahren noch häufiger geben wird. Deshalb wird die ganzheitliche Betrachtung viel stärker in den Fokus rücken, denn es geht um ein sehr langfristiges Versprechen. Und eine der zentralen Fragen auch für den Vertrieb wird sein, wer dauerhaft verlässlichen Schutz anbieten kann.

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Oliver Kieper, Vorstand Netfonds AG: Und das ist in der Pflege notwendiger als in der BU. Wir sehen die auf uns zurollende Pflegelast natürlich in Anbetracht des demografischen Wandels als viel brisanter an. Wir predigen seit zehn Jahren, dass der Pflegeboom da ist und dennoch spiegelt die Neugeschäftsentwicklung das nicht wider. Nicht so, wie sie es müsste, und auch nicht so, wie es politisch gewollt ist. Die Reform der Pflegegesetze ist nach wie vor nur eine Teilkaskodeckung. Und das Thema Pflege ist deshalb so brisant, weil die Kinder bei der Risikobeurteilung mit in der Haftung sind. Das findet aus unserer Sicht noch viel zu wenig Beachtung.

Mit welchen Ansätzen ließe sich das lösen?

Kieper: Anders als die Berater, die bereits viele Schulungsmaßnahmen durchlaufen haben, besitzen die Kunden noch zu wenig Problembewusstsein. Und durch jetzt vermeintliche Anpassungen auf gesetzgeberischer Seite wird der Bedarf eher gefühlt wieder zurückgenommen. Es wird suggeriert, dass es mehr Pflegeleistungen bei unterschiedlichen Diagnosen schon zu einem früheren Zeitpunkt gibt.

Seite drei: Anknüpfungspunkt Pflegereform?

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