„BU-Prämie nicht von vornherein betonieren“

Beckkopie
Maximilian Beck: „Für die Lebensversicherer ist es schwer, die Risiken einer Pflegebedürftigkeit nachhaltig zu kalkulieren.“

Aber kann die Pflegereform nicht auch ein Anknüpfungspunkt sein?

Kieper: Ja, es ist eine Chance, aber es ist eben auch vierzig, fünfzig, sechzig Jahre Verpflichtung. Ich weiß nicht, wie das die Produktanbieter sehen.

Voß: Es gibt zwei Möglichkeiten, die Pflege abzusichern, einmal in der Lebensversicherung oder aber in der Krankenversicherung. Es sollten beide Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Da in der Lebensversicherung die garantierte Prämie nicht angepasst werden darf, müssen die Versicherer wegen des doch erheblichen Kalkulationsrisikos und der extremen Langfristigkeit der Verpflichtung ordentliche Sicherheitszuschläge einkalkulieren. Das macht das Standalone-Produkt für den Kunden sehr teuer. Die Krankenversicherung kann den Schutz wegen der Möglichkeit der Prämienanpassung deutlich günstiger anbieten. Deshalb sollte über diese Alternative auch nachgedacht werden. Letztendlich muss die Abwägung aber der Kunde treffen.

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Beck: Für die Lebensversicherer ist es schwer, die Risiken einer Pflegebedürftigkeit nachhaltig zu kalkulieren. Dennoch halten wir die Pflegerente auch weiterhin für einen wichtigen Bestandteil in der Vorsorge der Kunden und werden auch weiterhin einen Tarif anbieten. Ob die Pflegereform die Kunden jetzt eher sorgloser macht dem Thema gegenüber oder ob sie ihren persönlichen Bedarf nach der Reform eher sehen, wird die Zeit zeigen.

Reicht denn die durchschnittliche Pflegelänge aus, mit der kalkuliert wird? Nach jüngsten Untersuchungen scheint es den Notstand, der oft herbeigeredet wird, gar nicht zu geben.

Beck: Guter Punkt. Wenn man sich die Rechnungsgrundlagen ansieht, die heute in der Pflegerentenversicherung verwendet werden, stellt man fest, dass man auf keinen Fall unvorsichtig kalkuliert hat. Natürlich schauen wir jetzt weit in die Zukunft.

Voß: Noch im Jahr 2000 lautete der Tenor innerhalb des Kreises der Aktuare: Was wir Lebensversicherer richtig gut können, ist, Zinsgarantien über sehr lange Zeit darzustellen, und vier Prozent sind kein Problem für uns. Die heutige Wirklichkeit zeigt ein anderes Bild. Wer glaubt also abschätzen zu können, was die nächsten dreißig, fünfzig, siebzig Jahre im Gesundheitswesen passiert? Aus heutiger Sicht sind die Rechnungsgrundlagen in der Pflege zwar ausreichend, aber wir können es einfach nicht mit Sicherheit beurteilen, ob dies so bleiben wird. Wir haben natürlich auch Pflegerentenprodukte und sind damit im Markt aktiv. Aus rein aktuarieller Sicht bin ich bei der Kalkulation vieler Produkte sehr entspannt, in Bezug auf die Pflegeversicherung sehe ich einige Fragezeichen. Ich denke, wir müssen uns noch viele Gedanken machen, wie wir die Pflegeabsicherung in der Lebensversicherung für den Kunden und den Versicherer intelligenter gestalten können.

Sie haben die jungen Menschen erwähnt. Um den Pflege-Bahr, der immer wieder als besonders attraktiv für die Jungen dargestellt wird, ist es derzeit still geworden. Zu Recht oder kann das Produkt dazu genutzt werden, das Problembewusstsein zu erhöhen?

Kieper: Es ist sicherlich ein guter Einstieg, mit dem sich das Thema Pflege nachhaltig beim Kunden platzieren lässt, zumal mit der staatlichen Förderung, die natürlich nur einen Minimalbetrag darstellt. Grundsätzlich ist der Pflege-Bahr als Stimulanz von Vorteil, er löst aber das Pflegeproblem nicht. Die Pflegekosten werden weiter steigen und damit steigt auch der Bedarf an Pflegeabsicherung. Deshalb müssen wir die 20- bis 30-Jährigen weiter mit unbequemen Wahrheiten konfrontieren, die schlussendlich im Kern zunächst einmal Konsumverzicht bedeuten. Und das ist bei der jüngeren Generation eine große Herausforderung, Konsumverzicht zu forcieren zugunsten von Versicherungsleistungen.

Interview: Lorenz Klein

Fotos: Inga Sommer

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