Rentenpolitik: Grundsätze der Versicherungsmathematik nicht aus den Augen verlieren ­

„Die Rentenkommission der Bundesregierung hat bedauerlicherweise die Chance verstreichen lassen, das deutsche Rentensystem dauerhaft zukunftsfest zu machen“, betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) Dr. Guido Bader nach eingehender Analyse der Kommissionsempfehlungen.

Dr. Guido Bader

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der absehbaren wirtschaftlichen Verwerfungen durch das Coronavirus seien die neu definierten Korridore für den Beitragssatz und das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung aus finanz- und versicherungsmathematischer Sicht das Gegenteil von ausgewogener Finanzplanung. „Die gesetzliche Rente läuft sehenden Auges in eine Unterfinanzierung, die nur durch Steuermittel kompensiert werden kann. Diese werden in den kommenden Jahren jedoch absehbar benötigt, um die coronabedingte Neuverschuldung zurückzufahren“, unterstreicht Dr. Bader.

Kritisch sieht er insbesondere die Entscheidung, dass erst der neu einzusetzende Alterssicherungsbeirat Anfang 2026 eine Empfehlung abgeben soll, ob und wie eine Anhebung des Renteneintrittsalters erfolgen solle. „Wenn einerseits der Beitrags- sowie der Leistungskorridor eingehalten werden sollen und andererseits der Versicherungscharakter der gesetzlichen Rente bewahrt werden soll, dann steht nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik bereits jetzt fest, dass wir ohne eine Flexibilisierung des Rentenbeginns nicht auskommen“, so Dr. Bader weiter. Die Zahlen sprächen eine klare Sprache, die nicht ignoriert werden dürfe. „Denn Rentenpolitik ohne Mathematik ist genauso verfehlt wie Rentenpolitik ohne sozialen Ausgleich“, beschreibt Dr. Bader das Spannungsfeld.

Positiv bewerten Deutschlands Aktuar*innen das klare Bekenntnis der Rentenkommission, die kapitalgedeckte zweite und dritte Säule durch entsprechende Reformen zu stärken. „Die unverzichtbare zusätzliche Absicherung kann zusätzlichen Schwung erhalten, wenn auch in staatlich geförderten Produkten wie der Riesterrente sowie in der betrieblichen Altersversorgung neue Garantiekonzepte und Gestaltungsmöglichkeiten zugelassen werden, die ein angemessenes Verhältnis von Sicherheit, Renditechance und Risiko aufweisen“, erläutert Dr. Bader abschließend.

Foto: Ulrich Pfeiffer
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