Schwächeres Wachstum, niedrige Zinsen: Was das für 2020 bedeutet

Das Jahr 2019 hielt für den Chefvolkswirt des Gesamtverbandes (GDV) der deutschen Versicherungswirtschaft Klaus Wiener eine Reihe von Überraschungen bereit: Zu den wohl größten gehörten die abrupte Kehrtwende in der Geldpolitik und das neue historische Tief bei den Zinsen. Für das kommende Jahr stellt sich die Frage, wie tief und wie dauerhaft der Konjunkturabschwung wird.

Klaus Wiener, Chefvolkswirt des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Die Beitragseinnahmen der Versicherer dürften dennoch auch im kommenden Jahr weiter steigen, glaubt GDV-Chefvolkswirt Wiener: „Angesichts der erneut gefallenen Zinsen, der zunehmenden regulatorischen Belastungen sowie der schwächeren Konjunktur aber weniger stark als zuletzt.“

Zwar sei die Stimmung in der Branche insgesamt noch sehr gut, die Einschätzungen für die kommenden Monate sind aber bereits deutlich zurückgegangen. Auch dies spreche dafür, dass sich das sehr gute Jahr 2019 so nicht wiederholen werde. Im Grundsatz vertritt Wiener dabei vier Thesen.

1. Das Trendwachstum schwächt sich ab

Im Jahr 2019 sei es zu einer deutlichen Konjunktureintrübung gekommen, in der Industrie sogar zu einer Rezession. Für das Jahr 2020 rechnen der GDV mit gesamtwirtschaftlichem Wachstum, vor allem aus strukturellen Gründen aber auf sehr niedrigem Niveau.

2. Die Strategie der Geldpolitik bleibt unorthodox

Die unorthodoxen Maßnahmen der vergangenen Jahre könnten zum „new normal“ erklärt werden und damit Eingang in den ganz normalen Instrumentenkasten der Europäischen Zentralbank (EZB) finden.

Zudem könnten die umstrittenen Anleihekäufe der EZB in Richtung grüne Investments gelenkt und deren Fortsetzung so legitimiert werden, glaubt Wiener. Die neue EZB Chefin habe gegenüber Vertretern des Europäischen Parlaments bereits angekündigt, dass die Strategiediskussion eine Gelegenheit sei, darüber nachzudenken, wie Nachhaltigkeitsüberlegungen Eingang in den geldpolitischen Rahmen finden können.

3. Die Zinsen bleiben extrem niedrig

Auf den Finanzmärkten wird das extreme Niedrigzinsumfeld anhalten. Weder aus konjunkturellen Gründen noch mit Blick auf die Geldpolitik erwartet Wiener einen Zinsanstieg. Daher sollten risikobehaftete Asset-Klassen wie Aktien weiter zulegen, allerdings weniger stark als im Jahr 2019.

4. Rückkehr zur Normalität für die Versicherungswirtschaft

Laut Wiener hat die Branche im Jahr 2019 ein deutliches Plus der Beitragseinnahmen verbucht. Hierbei zeigen sich unter anderem Erfolge der Anpassungen im Geschäftsmodell an das Niedrigzinsumfeld. Für das Jahr 2020 ist erneut mit einem Anstieg der Beitragseinnahmen zu rechnen, dann aber wieder im Rahmen der langjährigen Norm.

Foto: GDV, Shutterstock

 

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