AIFM: Spürbare und unterschätzte Herausforderungen

Die AIFM-Regulierung stellt Initiatoren vor große Herausforderungen. Häusern, die in 2013 neue Fonds emittieren wollen, bleibt nicht mehr viel Zeit.

Gastbeitrag von Johannes Nölke, optegra:hhkl

Johannes Nölke, optegra:hhkl
Johannes Nölke: „Es ist zu erwarten, dass diese Kompetenz eines Initiators spürbar
an Bedeutung gewinnen wird.“

Wohl jeder hat es schon einmal an sich oder anderen beobachtet: Schwierige, als unangenehm empfundene Aufgaben werden – mögen sie auch noch so wichtig sein – gern aufgeschoben, bis es (fast) zu spät ist und es plötzlich mit immensem Zeitdruck einhergeht, sie zu erledigen. Prokrastination wird dieses Verhalten in Fachkreisen genannt und auch einigen Initiatoren geschlossener Fonds wurde zuletzt wiederholt unterstellt, dass sie diesem Phänomen zum Opfer gefallen seien, während sie sich eigentlich der Umsetzung der Regulierung hätten widmen sollen.

AIFM: Aktion statt Prokrastination

Eine im Januar 2013 von optegra:hhkl zusammen mit dem Verband geschlossener Fonds (VGF) durchgeführte repräsentative Umfrage zeigt nun, dass diese Diagnose falsch ist: Ein Großteil der Emissionshäuser hat sich durchaus bereits mit der Regulierung von Managern Alternativer Investmentfonds (AIFM) auseinandergesetzt. Die Intensität ist dabei jedoch unterschiedlich – und ebenso die Resultate, die die Fondshäuser vorweisen können. Zu beobachten ist außerdem, dass einige der Herausforderungen nach wie vor mehrheitlich unterschätzt werden, beispielsweise die Suche nach einer Verwahrstelle oder die Identifizierung geeigneter Geschäftsleiter.

Die AIFM-Regulierung soll für mehr Transparenz und feste Reglements am Markt der geschlossenen Fonds sorgen. Wie der Name schon verrät, richtet sich die Regulierung an die Personen, die mit der Verwaltung und dem Vertrieb eines geschlossenen Fonds betraut sind – die Fondsmanager. Da auf diese Weise letztlich auch die Qualität und Sicherheit geschlossener Fonds gesteigert werden, wird sich die Regulierung nicht nur auf die Manager, sondern auch auf das Produkt „geschlossener Fonds“ sowie die Branche auswirken.

Wer zukünftig geschlossene Fonds managen möchte, muss beispielsweise bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Zulassung beantragen.

Auf Manager alternativer Investmentfonds kommen zudem zahlreiche Verhaltens- und Handlungspflichten zu. So sind sie beispielsweise verpflichtet, Interessenkonflikte zu steuern, offenzulegen und zu vermeiden. Um sicherzustellen, dass sie die mit ihrer Tätigkeit einhergehenden Risiken kontrollieren können, müssen sie ferner verschiedene Kontrollsysteme einführen. So hat der Manager eines geschlossenen Fonds während der gesamten Fondslaufzeit dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Vermögensgegenstände und Anteile des Fonds einmal jährlich oder bei Rückgabe und Annahme von Anteilen bewertet werden.

Aufschieben ist kein Massenphänomen

Dies kommt in der unabhängigen und ausschließlich im Interesse der Anleger eines Alternativen Investmentfonds (AIF) handelnden Verwahrstelle zum Ausdruck, die der AIFM zu benennen hat. Organisatorisch hiervon getrennt muss er außerdem ein Risikomanagementsystem einführen, das bei jeder im Namen des Fonds getätigten Anlage zumindest die Durchführung einer angemessenen Due Diligence sowie regelmäßige Stresstests vorsieht.

Die Fülle an neuen Herausforderungen mag bei dem einen oder anderen Initiator zunächst für eine Schockstarre gesorgt haben. Doch diese ist längst überwunden: Die optegra-Umfrage unter 35 Emissionshäusern im Januar 2013 ergab, dass sich bereits eine Mehrheit von rund 80 Prozent mit den AIFM-Anforderungen auseinandergesetzt und mit der Umsetzung begonnen hat. Die übrigen 20 Prozent werden den Antrag auf Zulassung als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zwar wahrscheinlich nicht mehr im Jahr 2013 einreichen können.

Bestandsverwaltung im Vordergrund

Dies dürfte für die meisten der betroffenen Häuser aber vermutlich verschmerzbar sein, weil sie kurz- und mittelfristig keine Fonds planen und sich auf die Bestandsverwaltung konzentrieren werden. Diese Einschätzung findet sich in der Umfrage von optegra bestätigt: Knapp sieben Prozent der befragten Emissionshäuser gaben an, erst im Jahr 2014 den Antrag auf Zulassung als KVG einreichen zu wollen. 40 Prozent haben diesen Schritt für die zweite Jahreshälfte 2013 avisiert, rund 53 Prozent wollen ihn so früh wie gesetzlich möglich vollziehen.

Entgegen der jüngst oftmals zu vernehmenden Vermutung, größere Emissionshäuser seien den Herausforderungen der Regulierung besser gewachsen als kleinere, zeigt die Umfrage, dass auch kleinere Initiatoren zum Teil schon sehr gut aufgestellt sind. Gleichzeitig gibt es auch größere Branchenvertreter, die in der Umsetzung noch nicht so weit vorangeschritten sind.

Nadelöhr Verwahrstelle

Wenngleich das Gesamtergebnis der Umfrage insgesamt positiv ausfällt, darf nicht übersehen werden, dass in einigen Bereichen noch großer Nachholbedarf besteht. Dabei haben viele der Herausforderungen scheinbar nur am Rande mit der Regulierung zu tun. So hat sich etwa gezeigt, dass die Unternehmen im Zuge der Umstellung sehr viel effizienter werden müssen, als sie es bislang sind. Das betrifft zum Beispiel Due-Diligence-Prozesse. Hier fehlt es oftmals an Abläufen und Prozessbeschreibungen, sodass das jeweilige Vorgehen von Externen meist nicht nachvollzogen werden kann.

Auch bei den Themen Compliance oder Umgang mit Interessenkonflikten muss noch sehr viel stärker ein Bewusstsein dafür sowie entsprechende Lösungen entwickelt werden. Dies und die weiteren regulatorischen Anforderungen bedeuten einen nicht zu vernachlässigenden Aufwand, der von den Emissionshäusern deutlich wahrgenommen wird, wie die Umfrage zeigt. Rund 37 beziehungsweise 30 Prozent der Befragten gaben an, dass die Kapazitätsbelastung der internen Organisation sowie die Kostenbelastung bei der Umsetzung der Regulierungsvorschriften schon heute spürbare Herausforderungen darstellen.

Eine weitere Hürde liegt darin, eine Verwahrstelle zu finden. Denn bislang existieren nur wenige Verwahrstellen – und ihre Zahl wird in absehbarer Zeit nicht wesentlich steigen. Der Grund: An eine Verwahrstelle werden hohe Anforderungen gestellt. Grundvoraussetzung ist unter anderem ein hohes Maß an Kompetenz für verschiedene Assetklassen, um die Aufgaben erfüllen zu können.

AIF-Monitoring

Dazu gehört zum Beispiel, die laufenden Prozesse des AIF zu überwachen – und zwar von der Gründung bis zur Liquidation. Im Detail heißt das etwa, dass es der Verwahrstelle obliegt, sämtliche Zahlungen zwischen Fonds und Anlegern zu überprüfen. Außerdem muss sie künftig alle Vermögenswerte des AIF verwahren beziehungsweise mindestens jährlich prüfen, ob der AIF tatsächlich Eigentümer aller Vermögenswerte ist. Ferner muss sie sicherstellen, dass die Anteile des AIF ordnungsgemäß bewertet werden, wobei sie die Bewertung nicht selbst vornimmt.

Während sich all dies bei Immobilien noch recht gut darstellen lassen sollte, dürfte die Suche nach einer passenden Verwahrstelle für jene problematischer werden, die Fonds mit Solaranlagen beziehungsweise erneuerbaren Energien, mit Flugzeugen, Schiffen oder Private Equity auflegen wollen. Daher verwundert es auch wenig, dass der Umfrage zufolge erst knapp 36 Prozent der Emissionshäuser eine Verwahrstelle identifiziert haben. Dabei handelt es sich vor allem um jene Fondshäuser, die eine gute Reputation vorweisen können – denn darauf achten die Unternehmen, die als Verwahrstelle tätig werden.

Als ein weiterer kritischer Aspekt wird sich die Identifizierung von – aus der Sicht der BaFin – geeigneten Geschäftsleitern erweisen. Zwar sehen dies derzeit nur 1,4 Prozent der befragten Emissionshäuser als die größte Herausforderung an. Dies könnte sich jedoch als Irrtum erweisen. Denn in der Regel werden nur jene Geschäftsleiter als geeignet gelten, die über drei Jahre Erfahrung in leitender Position in den Bereichen Risikomanagement oder Portfoliomanagement der relevanten Assetklasse verfügen. Besonders kritisch wird dies, wenn ein Initiator sein Angebot um eine neue Assetklasse erweitern will, für die der bisherige Geschäftsleiter nicht die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt.

Rückzug mehrheitlich keine Option

Insgesamt gilt: Die Regulierung fördert zutage, worauf es bei Investments in Sachwerte wie Immobilien, Flugzeuge oder Schiffe ankommt: auf das Asset Management – von der marktgerechten Anschaffung eines Sachwerts über dessen erfolgreiche laufende Bewirtschaftung bis hin zur optimierten Veräußerung. Es ist zu erwarten, dass diese Kompetenz eines Initiators spürbar an Bedeutung gewinnen wird. Viele Fondshäuser müssen hier umdenken. Eine Fokussierung allein auf den Vertrieb wird nicht zu Erfolg führen, Initiatoren müssen sich vielmehr auf das Asset Management konzentrieren.

Dabei zeigt die Umfrage deutlich: Die Mehrheit der Fondshäuser stellt sich all diesen Herausforderungen, die die Regulierung mit sich bringt. So ist beispielsweise kein Trend auszumachen, dass die Manager auf alternative, noch unregulierte Produkte oder andere regulierte Strukturierungsformen ausweichen. Vielmehr hat die Umsetzung der Regulierungsanforderungen bei den Initiatoren den gleichen Stellenwert wie die aktuellen Herausforderungen im Vertrieb.

Nur drei Prozent der befragten Häuser ziehen aktuell einen Rückzug aus dem Markt in Erwägung. Allerdings könnten es durchaus noch einige mehr werden, da besonders kleinere Häuser beziehungsweise solche, die derzeit keinen Fonds planen, die kommenden Entwicklungen noch abwarten. So gaben knapp elf Prozent der Befragten an, dass sie noch unentschieden seien. Ihr Rückzug aus dem Markt ist also keineswegs auszuschließen.

Autor: Johannes Nölke ist Managing Partner bei optegra:hhkl in Köln.

Foto: Katrin Stein

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