Achteinhalb Jahre Haft für Ex-Wölbern-Chef

Die Große Strafkammer des Landgerichts Hamburg hat Prof. Dr. Heinrich Maria Schulte, den ehemaligen Inhaber und Chef des Emissionshauses Wölbern Invest, zu einer Haftstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Strafprozess in Hamburg dauerte insgesamt fast ein Jahr.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Schulte sich der gewerbsmäßigen Untreue schuldig gemacht hat. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von zwölf Jahren gefordert, die Verteidigung auf Freispruch plädiert.

In der Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter Peter Rühle, die Beweisaufnahme habe ein „klares und eindeutiges Bild“ ergeben und den Vorwurf der Anklage vollumfänglich bestätigt.

Schulte habe in 327 Fällen Fondsgelder in Höhe von insgesamt 147 Millionen Euro bewusst zweckentfremdet. 50 Millionen Euro davon habe er für private Zwecke, insbesondere seinen „aufwendigen Lebensstil“, abgeschöpft. Den Rest habe er in Gesellschaften umgeleitet, an denen er selbst beteiligt oder deren Geschäftsführer er gewesen sei. 115 Millionen Euro seien verschwunden.

Die Gründe für das unrechtmäßige Abschöpfen der Fondsgelder lagen nach Auffassung des Gerichts insbesondere in der „prekären finanziellen Situation“ der Wölbern Invest KG. Es sei eine „fatale Fehlentscheidung“ von Schulte gewesen, auf Fondsgelder zurückzugreifen, nachdem von den Banken keinerlei Geld mehr zu erwarten gewesen sei.

„Finanzielles Kartenhaus“

Die Hauptverhandlung habe zweifelsfrei ergeben, dass das „finanzielle Kartenhaus“, das Schulte aufgebaut habe, nicht aufgrund seiner Verhaftung im September 2013 eingestürzt sei, sondern weil keinerlei liquide Mittel mehr zur Verfügung gestanden hätten, um die entstandenen Löcher zu stopfen. Die von Schulte gezeigte Kooperationsbereitschaft mit der Staatsanwaltschaft habe nur dem Schein und der Ablenkung gedient.

Die juristischen Berater des Angeklagten hätten eine „Scheinlegitimation“ für die Entnahmen der Fondsgelder geschaffen, dabei habe es sich um eine „Verschleierungstaktik“ gehandelt. Den „letzten Schritt“, die Fondsgelder teilweise auch für private Zwecke zu verwenden, sei Schulte dann allein gegangen.

Den in den Schlussvorträgen von der Verteidigung geäußerten Vorwurf, Schulte sei während des gesamten Prozesses unfair behandelt worden, wies Richter Rühle zurück. Es seien an fast 50 Verhandlungstagen zahlreiche Zeugen zu verschiedensten Themenkomplexen gehört worden, auch seien viele Beweismittel zugelassen worden, um Einlassungen des Angeklagten zu überprüfen. Der von den Verteidigern geäußerte Vorwurf der „fehlenden Sachkunde“ des Gerichts greife ebenfalls nicht durch. Das wiederholte Vorbringen dieses Einwandes habe auf die Kammer „befremdlich“ gewirkt.

Revision angekündigt

Strafschärfend wurde vom Gericht unter anderem die „exorbitant hohe Schadenssumme“ gewertet, strafmildernd wurden die „erheblichen Verdienste“ des Angeklagten als Medizinprofessor berücksichtigt. Der Haftbefehl bleibt aufrechterhalten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wolf Römmig, einer der drei Verteidiger von Schulte, kündigte nach der Hauptverhandlung an, Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen zu wollen. (kb)

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Foto: Shutterstock

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