12. Branchengipfel Sachwertanlagen: „Es ist ein absolutes Zukunftsthema“

Foto: Florian Sonntag
Jörg Busboom: „Die Projektierer benötigen mehr Eigenkapitalgeber.“

Die Ökorenta gehört zu den ältesten und erfahrensten Emissionshäusern und Assetmanagern im Bereich nachhaltiger SachwertInvestments. Das Unternehmen mit Sitz in Aurich emittiert, vertreibt und managt Portfoliofonds, die breit gestreut in Wind- und Solarparks – und seit Kurzem auch in Infrastruktur für Elektromobilität investieren. Nachfolgend Statements von Jörg Busboom, Geschäftsführender Gesellschafter der Ökorenta, über die Perspektiven nachhaltiger Investments. Jetzt weiterlesen

Rekordinflation, Zinssteigerungen, Material- und Energiekrise sowie ein Krieg mitten in Europa. Welche Auswirkungen hat diese Gemengelage auf die EE-Branche und auf Ökorenta selbst?
Busboom: Das Thema Inflation hat im Vertrieb allenfalls positive Auswirkungen, weil die Menschen sich in Zeiten hoher Inflation bei Sachwerten gut aufgehoben sehen. Wir profitieren von der landläufigen Meinung, dass Sachwerte zumindest teilweise vor Inflation schützen können. Derzeit erleben wir eher Auswirkungen beim Thema Gewinnabschöpfung. Diesbezüglich ist die Verunsicherung im Markt – sowohl bei den Vermittlern als auch bei Kunden – sehr groß. Ganz grundsätzlich können wir uns wirklich nicht beklagen, weil sich das Thema Erneuerbare Energien zum einen in den letzten Monaten stärker als je zuvor als unumgängliche Energiequelle gezeigt hat und per se positiv besetzt ist. Es ist ein absolutes Zukunftsthema trotz der derzeit schwierigen Gemengelage, die wir weltweit sehen.

Wie hat sich die veränderte Zinslage seit diesem Jahr auf die Investitionssituation ausgewirkt?
Busboom: In den Jahren 2018 bis 2021 war es für uns schwierig zu investieren. Deshalb haben wir damals teilweise Fonds in der Platzierung nicht voll ausgereizt, weil wir letztendlich das Geld erst einmal investieren mussten. Das hat sich in diesem Jahr grundlegend geändert. Ein Vergleich macht das sehr plakativ: Wir haben im letzten Jahr über das ganze Jahr im EE-Bereich circa 20 Millionen Euro Eigenkapital investiert. Bis November dieses Jahres waren es bereits 50 Millionen Euro, bis zum Jahresende werden es wahrscheinlich 60 Millionen Euro sein. Der Grund: Die Banken verlangen aufgrund der gestiegenen Zinsen und bei veränderten Rahmenbedingungen schlicht und ergreifend mehr Eigenkapital. Das heißt, die Projektierer können die neuen Projekte nicht mehr ohne Weiteres aufs eigene Buch nehmen, sondern benötigen Eigenkapitalgeber. Das ist für uns ein enormer Vorteil, weil wir nicht zwangsläufig ganze Wind- oder Solarparks erwerben müssen, sondern es reicht uns, wenn wir lediglich Anteile erwerben. Und viele Projektentwickler nehmen dann gerne einen institutionellen Investor wie Ökorenta als langjährigen Partner mit hinein. Das gestiegene Zinsniveau hat sich deshalb eher positiv ausgewirkt, weil wir dadurch Zugriff auf solche Parks bekommen, zu denen wir in der Vergangenheit keinen Zugang hatten.

Die Bundesregierung hatte sich mit dem Koalitionsvertrag den verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien auf die Fahnen geschrieben. Was hat sich diesbezüglich bereits getan?
Busboom: Vom propagierten starken Ausbau ist bislang besonders im Windbereich wenig zu spüren. Genehmigungen und die gesamten Rahmenbedingungen für neue Projekte sind dort sehr problembehaftet. Im Photovoltaikbereich sieht es deutlich besser aus. Dort hat man beispielsweise wieder zugelassen, dass auch Ackerflächen überplant werden dürfen, was durch die Vorgängerregierung vor einigen Jahren verboten worden war. Das führt dazu, dass sich das Angebot im Photovoltaikbereich massiv erhöht hat. Deshalb haben wir keine Sorge, Anlegergelder nicht investiert zu bekommen – im Gegenteil: wir haben eine sehr stark gefüllte Pipeline. Dabei profitieren wir nach fast 24 Jahren des Bestehens natürlich auch von einem großen Netzwerk von Projektentwicklern. Diese kommen aktuell sogar aktiv auf uns zu und sagen: „Wir brauchen mehr Eigenkapital. Wollt Ihr mit dabei sein?“

Das heißt, Sie haben durchaus geänderte Parameter, einen höheren Eigenkapitalanteil, vielleicht ein bisschen höhere Komponentenkosten, dafür aber auch höhere Ertragsaussichten. Aber unter dem Strich können Sie die ursprüngliche Planung halten?
Busboom: Ganz genau. Wie schon erwähnt: das Thema Gewinnabschöpfung und Oberpreisgrenzen spüren wir derzeit sehr stark. Da muss sich der Markt gerade neu sortieren, weil jetzt alle Anbieter eruieren müssen, wo Grenzen zu ziehen sind. Daran werden sich schlussendlich sowohl die Preise für die Projekte als auch die Finanzierung ein Stück weit orientieren. Wenn diese Obergrenzen hoffentlich in einigen Wochen feststehen, dann sollte der Markt auch wieder in den Normalbetrieb übergehen.

Seit August ist die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen bei den Kunden für den Vertrieb Pflicht. Ist das eher Fluch oder Segen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass man Argumente für Investments in Sachwertanlagen sucht?
Busboom: Produkte nach Artikel 8 oder Artikel 9 bräuchten wir nicht zwangsläufig, weil Kunden und Vermittler, mit denen wir lange zusammenarbeiten, dem, was wir tun, ohnehin Nachhaltigkeit unterstellen. Deshalb bringt uns das Nachhaltigkeitsthema an dieser Stelle nicht direkt mehr Umsatz. Was ich aber wahrnehme, ist eine Zunahme des Bankenvertriebs. Das war bei uns sehr rudimentär in der Vergangenheit. Es gab auch aktive Anfragen aus der Bankenwelt für unser Produkt. Etwas anders ist es natürlich mit neuen Vertriebspartnern, die in den letzten vier, fünf Jahren aus anderen Segmenten zu uns gekommen sind, nachdem das Thema Erneuerbare Energien für sie stärker in den Fokus geraten ist. Hier muss man teilweise noch Pionierarbeit leisten und intensiv schulen. Das gesamte Thema ist zwar kein Selbstläufer, aber durch die aktuelle Energiekrise gibt es doch viele Menschen, die in dieses Segment Geld investieren wollen. Und das nicht nur vor dem Hintergrund eine maximale Rendite zu erzielen, sondern schlichtweg etwas zu diesem Thema beizutragen. Ich kann ein Beispiel nennen, dass prägend für unsere fast 11.000 Kunden ist. In diesem Jahr wären drei Fonds bei uns erfolgreich ausgelaufen, weil sie an ihr Laufzeitende gekommen sind. Jedoch haben sich weit über 90 Prozent der Kunden in einer Abstimmung für eine Verlängerung bis Ende 2025 entschieden. Wir haben uns nicht dagegen gewehrt, aber es zeigt auch, dass nicht allein die Erträge im Vordergrund stehen.

Schauen wir auf die Planungen für 2023. Was dürfen wir von Ökorenta erwarten?
Busboom: Unsere Produkte für das nächste Jahr haben wir bereits am Start: Der Publikumsfonds ist vor Kurzem gestartet und hat ein Volumen von mindestens 40 Millionen Euro, erweiterbar bis maximal 100 Millionen Euro. Dadurch, dass die Altfonds nun weiterlaufen, werden wir das als potenzielle Wiederanlagemöglichkeit für unsere Altfondsanleger berücksichtigte Maximalvolumen nicht ausschöpfen, aber bis Mitte 2023 wollen wir im Publikumsbereich zwischen 40 und 50 Millionen Euro einsammeln. Und der ÖKOstabil 15, der für semi-professionelle und für kleine institutionelle Investoren konzipiert ist, hat auch ein Volumen von 40 bis maximal 50 Millionen Euro. Wenn man weiß, was Ökorenta in der Vergangenheit gestemmt hat, ist das im jeweiligen Segment bereits eine ordentliche Hausnummer. Das alles ist aber natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass unser Markt sehr positiv ist. In der zweiten Jahreshälfte werden wir voraussichtlich einen neuen Infrastrukturfonds bringen.

Interview: Frank Milewski und Stefan Löwer, beide Cash.

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