EXKLUSIV

Baufinanzierung: „Der Preis-Spread zwischen gut und schlecht sanierten Immobilien wird immer größer“

Inwieweit konnten die bisherigen Zinssenkungen eine Trendwende am deutschen Immobilienmarkt befeuern?
Hein: Die Talsohle scheint durchschritten, bei den Bestandsimmobilien ziehen die Preise wieder an. Hier reden wir aber nicht über den Neubau, dieses Segment stagniert auch weiterhin auf niedrigem Niveau. Wesentliche Impulse erwarten wir erst dann, wenn sich die Rahmenbedingungen mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Lage und die Regulatorik stark verändern. Der Zins ist dabei nur ein Faktor.

Wie geht es generell an der Zinsfront in Europa weiter und mit welchen Folgen?
Brzeski: Der Wahlsieg von Donald Trump in den USA bringt für Europa noch mehr wirtschaftliche Sorgen und erhöht damit den Druck auf die EZB, die Zinsen sehr wahrscheinlich unter ein neutrales Zinsniveau zu senken. Wir gehen deshalb davon aus, dass die EZB den Einlagenzins bis zum frühen Sommer auf 1,75 Prozent reduzieren wird. In der zweiten Hälfte 2025 werden wir eine horizontale Entwicklung sehen. Alles, was über diesen Zeithorizont hinaus geht, ist reine Kaffeesatzleserei. Eine neue Bundesregierung könnte der Wirtschaft neuen Schwung geben, auch wenn die Präsidentschaft von Trump mit sehr wahrscheinlichen Handelskriegen wie Bleisohlen wirken wird.
Hein: Dieses Szenario sehen wir auch für den Baufinanzierungszins. Ja, er kann noch etwas sinken, aber nein, die Niedrigzinsphase, die wir in 2021/2022 gesehen haben, wird in nächster Zeit nicht wiederkommen.

Unlängst gab es die Meldung, der Beleihungsauslauf sei auf 87,53 Prozent gestiegen. Wie bewerten Sie, dass Kreditnehmer aktuell offensichtlich weniger Eigenkapital für ihre Finanzierung mitbringen?
Hein: Da spielt zum einen der Anlagezins eine Rolle, der höher ist als zu Niedrigzinszeiten. Zum anderen wollen die Menschen aber auch eine Reserve haben, um bei Kostenüberschreitungen reagieren zu können. Bei Kapitalanlegerinnen und -anlegern ist dieser Anteil grundsätzlich geringer, hier steht der Steuerspar-Effekt im Fokus. Am Ende gilt für uns: Wir prüfen jede Kundin und jeden Kunden auf Herz und Nieren – da spielt das Eigenkapital nur eine Rolle von vielen. Mit anderen Worten: Der von Ihnen genannte Anstieg macht sich bei uns weder in einer Verschlechterung der Bonitäten noch in einem steigendem Ausfallrisiko bemerkbar.

Welche Rolle spielen Förderdarlehen derzeit generell und was wird mit ihnen finanziert?
Hein: Natürlich spielen Förderdarlehen immer eine gewisse Rolle. Das hat man zum Start der Ampel-Koalition direkt an der hohen Nachfrage nach Fördermitteln gesehen. Gleichzeitig mussten wir spüren: Die Töpfe der Bundesregierung waren schnell aufgebraucht. Heute bestimmen Förderprogramme wie „Jung kauft alt“ die Schlagzeilen. Grundsätzlich sollten Fördermittel so wenig Menschen wie möglich ausschließen und zu dem Klientel passen, das auf der Suche nach einer Immobilie ist. Konkret beim oben genannten Beispiel kann man sich deshalb die Frage stellen: Die Zielgruppe bekommt zwar die Förderung, aber kriegt sie auch einen Kredit? Es ist noch vieles unsicher und zu verbessern. Die Bundesregierung hat weitere Fördermittel in Aussicht gestellt. Wenn die Töpfe groß genug sind, ist das gut. Lieber weniger fördern, dafür konzentrierter und nachhaltiger – das sollte das Ziel sein.
Brzeski: Ich komme noch einmal auf den „kranken Mann Europas“ zurück. Die Politik muss auch den Bau- und Immobilienmarkt nutzen, um Wachstum zu generieren. Bei Fördergeldern streiten sich im Allgemeinen die volkswirtschaftlichen Geister. Die einen jubeln, die anderen monieren – zu breit gestreut, nicht zielführend. Auf der Makroseite haben wir von der Bundesregierung gute Ansätze gesehen, die aber nicht nachhaltig waren und/oder kurzfristig gestoppt wurden. Letztendlich trägt das zur allgemeinen Verunsicherung bei. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht betrachtet haben Fördermittel eine hohe Glaubwürdigkeit, allerdings sollte man sich – das sehe ich wie Thomas – lieber auf Einzelmaßnahmen fokussieren und deutlich machen, dass genug Geld für einen langfristigeren Einsatz da ist. Um aus der Stagnation zu kommen kann es nur heißen: Strukturreform oder Investitionen. Wer reformieren will, wird die Schuldenbremse aussetzen müssen. Dieses Thema wird eine wichtige Rolle spielen im jetzt bevorstehenden Wahlkampf.

„Modernisierung und Sanierung stehen im Fokus“

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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