Bedingt krisenresistent: R+V-Umfrage sieht jedes zweite Unternehmen akut bedroht

junger entschlossener Geschäftsmann im Boxhandschuh. Konzept busi
Bildagentur PantherMedia / kenta210
Der deutsche Mittelstand zeigt sich nur bedingt resilient.

Inflation, Cyberattacken, Ukraine-Krieg, eine durch die Transformation der Energiewirtschaft verschärfte Energiekrise, eine Wirtschaft in der Rezession und als Überbau die Klimakrise. Eine Studie der R+V zeigt, dass es um die Resilienz des Mittelstandes aktuell nicht gut bestellt ist.

Inflation, Ukraine-Krieg, ein durch die Transformation der Energiewirtschaft verschärfte Energiekrise, eine Wirtschaft in der Rezession und als Überbau die Klimakrise – die Wirtschaft ist derzeit bedroht wie selten, die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt. Doch wie robust ist speziell der Mittelstand? Und welche Handlungsfelder beeinflussen seine Wettbewerbsfähigkeit?

Eine Studie der R+V Versicherung in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Mentefactum zeigt, das gerade einmal 22 Prozent der Unternehmen aktiv ihre Widerstandskraft stärken – zum Beispiel, indem sie mit gezielten Maßnahmen Kunden und Personal langfristig halten, IT-Systeme sicher machen oder Rücklagen bilden und sich gegen Ausfälle versichern.


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Im Umkehrschluss zeigt die Studie aber auch: Vier von fünf Firmen sind noch nicht auf Krisen vorbereitet. Entweder blieben sie bislang komplett untätig (33 Prozent) oder wägen aktuell noch geeignete Maßnahmen ab (45 Prozent). Und das, obwohl ein Großteil der Befragten die deutsche Wirtschaft als sehr krisengefährdet einschätzen würden, so die Studienautoren. Jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) sieht sich selbst durch die wirtschaftliche Lage sogar akut bedroht. 

Bedingt resistent – doch Firmen halten sich für handlungsfähig

„Der deutsche Mittelstand zeigt sich nur mittelmäßig resilient“, erklärt Klaus-Peter Schöppner, Geschäftsführer von Mentefactum, der die Studie begleitet hat. Aus den Antworten von Unternehmern und Beschäftigten in mittelständischen Unternehmen hat sein Institut den Resilienz-Index gebildet. Dieser wird anhand von zehn Faktoren wie etwa dem Digitalisierungsgrad des Betriebes, den finanziellen Rücklagen oder den Angeboten zur Mitarbeiterbindung errechnet.

Außerdem wird berücksichtigt, wie die Befragten ihre Krisenanfälligkeit und ihr Engagement zur Förderung der eigenen Widerstandskraft einschätzen. Das Ergebnis: Der Index für Unternehmen liegt bei 64 von 100 Punkten – aus Sicht der Beschäftigten sind es 61 Punkte. Dennoch sind 82 Prozent der Entscheiderinnen und Entscheider überzeugt, Krisen gut meistern zu können. „Diese Selbsteinschätzung zeigt eine Diskrepanz zur tatsächlichen Situation – und erklärt möglicherweise, warum Unternehmen zu selten handeln, um sich zukunftssicher aufzustellen“, sagt Schöppner.

Mit dem Resilienz-Index liefert die R+V jetzt erstmalig ein umfassendes Lagebild im Hinblick auf Krisenfähigkeit, Risiken und Potenziale. „Es ist entscheidend, Resilienz aktiv und kontinuierlich zu fördern, um Risiken im geschäftlichen Betrieb zu minimieren und Stabilität zu schaffen“, betont Jens Hasselbächer, Vorstand des Ressorts Kunden & Vertrieb der R+V Versicherung. „Das Bewusstsein der Unternehmen für die Krisenbedrohung ist da. Das ist ein guter erster Schritt auf dem Weg zu mehr Widerstandsfähigkeit.“

Maßnahmen: Unternehmen agieren pragmatisch, aber unzureichend

Wenn Unternehmen Maßnahmen ergreifen, konzentrieren sie sich vor allem auf stabile Kundenbeziehungen (84 Prozent), ein innovatives Produkt- und Service-Angebot (76 Prozent) sowie die Instandhaltung der Technik (74 Prozent), so ein weiteres Ergebnis der Studie.

Bei anderen Handlungsfeldern sei das Engagement geringer ausgeprägt: 48 Prozent der Unternehmen geben an, sich nur wenig um den Einsatz von Erneuerbaren Energien zur Sicherung der eigenen Energieversorgung zu kümmern. Mehr als jedes dritte Unternehmen (35 Prozent) vernachlässigt nach eigener Aussage Investitionen in Digitalisierung und IT-Sicherheit. „Obwohl mehr als zwei Drittel der Entscheider alle der abgefragten Resilienzfaktoren als wichtig einstufen, scheinen sie in einigen Bereichen nicht handlungsfähig zu sein“, mahnt R+V-Vorstand Hasselbächer. 

Jedes zweite Unternehmen hält externe Hilfen für wichtig

Doch was können Unternehmen konkret tun, um besser für Krisen gerüstet zu sein? Die Befragung zeigt: Jedes zweite Unternehmen (50 Prozent) hält externe Hilfen für nützlich – jedes zehnte (neun Prozent) sogar für unbedingt notwendig. Zu den Bereichen, in denen die meisten Unternehmen gerne externe Unterstützung hätten, zählen IT-Sicherheit (49 Prozent), Technikinstandhaltung (47 Prozent), Erneuerbare Energien (43 Prozent) und Liquidität (42 Prozent).

„Das deckt sich mit unseren täglichen Erfahrungen in Kundengesprächen: Die Verunsicherung von Unternehmen ist groß, gerade in Feldern, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören. Die Versicherungsbranche hat den klaren gesellschaftlichen Auftrag, der Wirtschaft Sicherheit zu geben, damit sie wachsen und Innovationen vorantreiben kann“, betont Hasselbächer.

Für die Studie der R+V-Versicherung in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Mentefactum wurden 200 mittelständische Entscheiderinnen und Entscheider sowie 1.000 Beschäftigte befragt. 

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