Exklusiv-Interview mit Frank Grund: „Die Branche muss Übertreibungen bei der Vergütung abstellen“

Frank Grund
Foto: Bernd Roselieb / Bafin
Frank Grund

Dr. Frank Grund kehrt in das Assekurata-Ratingkomitee zurück. Cash. befragte den ehemaligen Bafin-Chefaufseher für Versicherungen zu den Gründen für seine Rückkehr und zu seinem Blick auf die Versicherungsbranche.

Was hat Sie dazu bewogen, in das Ratingkomitee von Assekurata zurückzukehren?

Grund: Ich habe damals die große Expertise von Assekurata in allen Versicherungsfragen sehr geschätzt. Das betrifft sowohl das interne Team von Assekurata als auch das mit Externen besetzte Ratingkomitee. Man bekommt dort hervorragende Einblicke in die aktuellen Herausforderungen der Branche und einzelner Unternehmen. Es hat mich gereizt, an diese positiven Erfahrungen jetzt wieder anzuknüpfen. 

Sie waren bereits von 2013 bis 2015 im Ratingkomitee aktiv. Wie hat sich Ihr Blick auf die Versicherungsbranche durch Ihre Tätigkeit bei der Bafin verändert?

Grund: Vor meiner Tätigkeit bei der Bafin hatte ich im Wesentlichen die Perspektive einzelner Unternehmen eingenommen. Bei der Bafin kamen natürlich der Blick über die gesamte Branche dazu und ein besserer Einblick in nationale, europäische und globale Regulierungsfragen. Die wesentliche Veränderung in der Zeit war aber sicherlich die Einführung des neuen Aufsichtsregimes Solvency II. Das Risikomanagement der Versicherer hat sich dadurch ja erheblich verändert, und zwar zum Positiven.


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Die Corona-Pandemie, die geopolitische Lage und der Anstieg von Zinsen und Inflation haben auch die Versicherungsbranche getroffen. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die Versicherer im Jahr 2024?

Grund: Sie sprechen richtige Themen an. Risiken aus der Kapitalanlage in Gewerbeimmobilien fallen mir dazu auch noch ein. Besonders wichtig erscheinen mir für 2024 und danach aber zusätzlich klare strategische Positionierungen  der Unternehmen zur eigenen IT-Sicherheit, zur Transformation der Realwirtschaft und zum Verbraucherschutz. 

Auf Vermittlerseite ist weiterhin unklar, ob unabhängige Vermittler künftig noch Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten erhalten dürfen. Was halten Sie von einem solchen partiellen Provisionsverbot?

Grund: Meine Meinung habe ich immer sehr klar gesagt: Diese Produkte erfordern eine gute Beratung und gute Beratung muss ordentlich bezahlt werden. Diese Meinung hat sich in den letzten Monaten nicht geändert. Die Branche hat das Thema meines Erachtens immer noch selbst in der Hand. Sie muss Übertreibungen bei der Vergütung abstellen. Wenn der Kunde wegen zu hoher Kosten – und dazu gehören auch zu hohe Provisionen – keine realistische Aussicht auf eine angemessene Rendite hat, ist das ein Missstand. Er bekommt dann schließlich keinen angemessenen Gegenwert für seine Prämien. Wenn solche Übertreibungen nicht zügig abgestellt werden, hat man im politischen Meinungsstreit in Europa schlechte Karten und ein Provisionsverbot könnte wirklich kommen.  

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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