Fed vor heiklem Balanceakt: Erwartungen an hawkish cut steigen

Kevin Thozet, Carmignac,
Foto: Carmignac
Kevin Thozet, Carmignac

Vor dem anstehenden Fed-Meeting zeigt sich die US-Notenbank so gespalten wie seit Jahren nicht mehr. Während ein Teil der Mitglieder eine Lockerung fordert, plädieren andere für stabile Zinsen. Ein möglicher Kompromiss könnte ein „hawkish cut“ sein – doch der politische Druck und die konjunkturellen Signale erschweren klare Entscheidungen. Ein Kommnetar von Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees beim Asset-Manager Carmignac

„Das Fed Board ist so gespalten wie seit fünf Jahren nicht mehr – mit zwei fast gleich großen Lagern. Sechs Mitglieder tendieren zu einer Lockerung (darunter zwei mit MAGA-Verbindungen) und sechs tendieren dazu, die Zinsen unverändert zu lassen.

Sollte Fed-Präsident Jerome Powell – wie wir und die Märkte erwarten – diese Woche eine Senkung um 25 Basispunkte liefern, um die Tauben zufriedenzustellen, wird er sie wahrscheinlich mit einer restriktiveren Botschaft begleiten, um die Falken zu beruhigen. Er landet damit bei dem in sich etwas widersprüchlichen ‚hawkish cut‘.

Indem er mit den Hasen läuft (senkt), während er mit den Hunden bellt, reduziert er auch die Wahrscheinlichkeit weiterer Senkungen, bevor seine Amtszeit im Mai 2026 endet.


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Übermäßig pessimistische Märkte?

Die jüngsten Arbeitsmarktdaten fielen gemischt aus. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe liegen auf einem Drei-Jahres-Tief, während der Bericht des Arbeitsmarktdienstleisters ADP auf Arbeitsplatzverluste hindeutet. Doch ohne einen offiziellen Non-Farm-Payroll-Bericht aufgrund des Shutdowns dürfte die Notenbank vorsichtig bleiben – zumal die Geldpolitik weiterhin im restriktiven Bereich liegt.

Man könnte argumentieren, dass die Verlangsamung der US-Wirtschaft eher eine Schwächephase widerspiegelt als einen unmittelbar bevorstehenden Rezessionsdruck. Da der fiskalische Impuls 2026 voraussichtlich 1 % des BIP erreichen wird – und echtes Potenzial für weitere haushaltsorientierte Unterstützung besteht (die 2.000-Dollar-‚Tariff Dividends‘ an US-Bürger mit einem Einkommen unter 100.000 Dollar, im Gesamtumfang von über 300 Mrd. Dollar, also etwa 1 % des BIP) – dürfte der Konsum der privaten Haushalte weiterhin gut gestützt bleiben. Solche Maßnahmen würden wiederum die Inflation am Leben halten.

Angesichts dieser potenziellen Wiederbelebung des US-Konjunkturzyklus und einer hartnäckigen Inflation denken wir, dass die derzeitige Markterwartung von vier Zinssenkungen innerhalb von zwölf Monaten – die den Leitzins auf 3 % bringen würden – nicht gerechtfertigt ist.

Wachablösung

Die Rotation der regionalen Fed-Präsidenten – kombiniert mit der erklärten Bereitschaft von US-Finanzminister Scott Bessent, die Regeln für die Kandidatenauswahl zu ändern (was ‚zufällig‘ diejenigen disqualifizieren könnte, die eher falkenhaft eingestellt sind) –, sowie der erwarteten Ernennung eines Trump-nahen Fed Chairs, deuten auf zunehmenden Druck hin, die Leitzinsen zu senken – unabhängig vom Inflationsumfeld.

Doch wenn ein im Großen und Ganzen zu Zugeständnissen bereiter Jerome Powell Schwierigkeiten hat, in einer Phase rekordverdächtiger interner Divergenz einen Konsens zu schaffen, ist es angemessen, die Fähigkeit des potenziellen Chairs Kevin Hassett zu hinterfragen, Brücken zwischen den Lagern zu bauen – angesichts seines offen parteiischen Profils.

Implikationen für die Zinskurve

Wir behalten eine negative Sicht auf die US-Zinskurve bei, mit einer Tendenz zu zunehmender Steilheit, da weitere Senkungen über Dezember hinaus alles andere als garantiert erscheinen. Fiskalische Anreize sollen vor allem auf die Verbraucher ausgerichtet sein, die finanziellen Bedingungen sind bereits sehr locker, und die politische Unsicherheit dürfte weiter abnehmen, da US-Präsident Donald Trump sich zunehmend auf innenpolitische Fragen der Bezahlbarkeit konzentriert.

Zudem gilt: Sollten weitere Senkungen erfolgen, während die US-Wirtschaft wieder anzieht, wird das, was am kurzen Ende weggenommen wird, wahrscheinlich mehr als ausgeglichen durch höhere Renditen am langen Ende.“

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