Formularverträge: Vorsicht vor dem „Kleingedruckten“

Im Finanzdienstleistungssektor sind Formularverträge gang und gäbe. Die Versuchung, darin begüngstigende Klauseln vorzugeben ist groß. Die Rechtsprechung ist voll von Beispielen, in denen dabei der Bogen überspannt wurde. Eine Auswahl.

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Gastbeitrag: Ulrich Nastold, Rechtsanwalt, Kanzlei Klumpe, Schröder & Partner

Grundsätzlich gilt: Unverständliche Bestimmungen können nicht durch inhaltsgleiche ersetzt werden. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) beispielsweise schon vor bald zehn Jahren bestimmte Klauseln in Lebensversicherungsverträgen für unwirksam erachtet, durch die zahlreiche Versicherungsunternehmen die Folgen der Vertragskündigung oder Beitragsfreistellung geregelt hatten (BGH, Urteil vom 9. Mai 2001, Az.: IV ZR 121/00 und IV ZR 138/99).

Der BGH hatte kritisiert, dass die verwendeten Klauseln teils intransparent, das heißt für den Kunden nicht durchschaubar, teils aber auch unangemessen, das heißt dem Kunden nicht zumutbar, seien.

Unter der Geltung des damals noch maßgeblichen Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) konnten in einem sogenannten Treuhänderverfahren für unwirksam erklärte Klauseln ersetzt werden. Die betroffenen Versicherer hatten deshalb die beanstandeten Klauseln durch verständlichere, inhaltlich aber weitgehend identische Regelungen ersetzt. Dies ließ der BGH jedoch nicht gelten und stellte in verschiedenen Urteilen vom 12. Oktober 2005 Spielregeln auf, die im Falle der Unwirksamkeit bestimmter Versicherungsbedingungen zu beachten sind (zum Beispiel BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005, Az.: IV ZR 162/03, IV ZR 177/03 und IV ZR 245/03).

Zinsänderungsklauseln müssen kalkulierbar sein

Verträge, die dem Vermögensaufbau oder der Vorsorge dienen, sind in aller Regel langfristiger Natur. Dies kann es erforderlich werden lassen, einzelne Regelungspunkte im Laufe der Zeit an sich ändernde Verhältnisse anzupassen. So behalten sich Banken und Sparkassen in Prämiensparverträgen regelmäßig das Recht vor, einseitig die Zinssätze ändern zu können.

Auch wenn das Gesetz in Paragraf 308 Nr. 4 BGB einseitige Vertragsänderungen im Rahmen der Zumutbarkeit für den Vertragspartner als möglich anerkennt, kann sich ein Kreditinstitut nicht vorbehalten, die jeweils maßgeblichen Zinssätze durch Aushang in den Kassenräumen bekannt zu geben (BGH, Urteil vom 17. Februar 2004, Az.: XI ZR 140/03 und Urteil vom 10. Juni 2008, Az.: XI ZR 211/07).

Für einen Prämiensparer müssen mögliche Zinsänderungen kalkulierbar und nachvollziehbar sein. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, ist eine Zinsänderungsklausel unwirksam und kann auch nicht einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass nur solche Änderungen erlaubt sein sollen, welche geänderten Verhältnissen am Kapitalmarkt Rechnung tragen sollen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2004, Az.: XI ZR 140/03). Ähnlich wie bei der Rechtsprechung zu allgemeinen Versicherungsbedingungen gilt auch bei unwirksamen Prämiensparvertragsklauseln, dass eine durch eine Unwirksamkeit entstandene Lücke nicht einseitig durch das Kreditinstitut angepasst werden kann (BGH, Urteil vom 13. April 2010, Az.: XI ZR 197/09).

Hier ist vielmehr im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln, welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten. Vor Kurzem hat der Bundesgerichtshof Grundsätze aufgestellt, wie bei unwirksamen Zinsänderungsklauseln laufende Zinsen von Prämiensparverträgen zu berechnen sind.

Der Referenzzins, dessen Veränderung nach dem mutmaßlichen Parteiwillen Anlass und Höhe der Zinsanpassungen bestimmt, hat sich bei Spareinlagen, die wegen des damit verbundenen Verlustes der Abschlussboni wirtschaftlich sinnvoll nicht vorzeitig gekündigt werden, grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010, Az.: XI ZR 52/08).

Seite 2: Zur Berufsausübung erforderliche Unterlagen müssen kostenfrei sein

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