BGH: Kein gesonderter Hinweis auf eingeschränkte Fungibilität

In aktuellen Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Beraterhaftung hat der Senat entschieden, dass ein gesonderter Hinweis auf die eingeschränkte Fungibilität einer Kapitalanlage nur in Ausnahmefällen gegeben werden muss.

Gastbeitrag von Oliver Renner, Rechtsanwälte Wüterich Breucker

Die BGH-Urteile zeigen deutlich auf, dass Inhalt und Umfang von Beratungspflichten von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängen.

Der BGH hat mit drei Urteilen vom 17. September 2015 (AZ.: III ZR 384/13; III ZR 392/14 und III ZR 386/14) klargestellt, dass die Formulierung im Emissionsprospekt, ein Markt für geschlossene Fondsanteile sei „zur Zeit“ nicht vorhanden, keine Verschleierung der eingeschränkten Fungibilität des Fondsanteils darstellt.

Ein gesonderter Hinweis wird vom Berater nur dann geschuldet, wenn die beabsichtigte Veräußerung des Anteils für den Anleger bereits zum Zeichnungszeitpunkt eine besondere Bedeutung hatte.

Problem der Veräußerbarkeit verharmlost

Die Kläger hatten sich an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Die Fonds liefen nicht prospektgemäß. In zwei Fällen wurde von den Anlegern nach Insolvenz des Fonds sogar Nachforderungen verlangt.

Die Kläger verklagten daraufhin die Beratungsgesellschaft, für die die jeweiligen Berater gegenüber den Anlegern tätig waren. Sie forderten Schadensersatz, da sie unzureichend über die eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung aufgeklärt worden seien.

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Die dahingehenden Hinweise in den Prospekten hatten folgenden Inhalt: „Der Gesellschaftsanteil ist jederzeit veräußerlich. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Markt hierfür zur Zeit nicht vorhanden ist (…)“.

Die Kläger begründeten ihre Forderung unter anderem damit, der Hinweis, dass ein Markt für die Veräußerung „zur Zeit“ nicht vorhanden sei, verharmlose die Probleme der Veräußerbarkeit. Es werde vielmehr der Eindruck erweckt, dass in naher Zukunft mit der Entstehung eines Zweitmarkts zu rechnen sei.

Die Entscheidungsgründe

Die Instanzengerichte hatten die Klagen jeweils abgewiesen. Der BGH entschied allerdings zugunsten der Berater. Grundsätzlich sei ein Anlageberater demnach gehalten, den Anleger darauf hinzuweisen, dass bei einem geschlossenen Immobilienfonds die Veräußerung des Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich sei.

Seite zwei: Beratungsfehler ist zweistufig zu prüfen

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