Fintechs und die Folgen für den Berater

Das Einfallstor der Fintechs im Sinne einer Fokussierung auf einzelne Teile der Wertschöpfungskette und ihr identitätsstiftender Tech-Fokus ist zugleich der Ansatzpunkt für etablierte Anbieter, im Wettbewerb zu bestehen. Denn solange es nicht gelingt, Computer und Robo-Advisor zu einem vollwertigen Ersatz für den menschlichen Berater zu machen, werden komplexe Dienstleistungen nicht von Fintechs abgedeckt werden können.

Vielmehr liegt der Wettbewerbsvorteil von Fintechs in leicht zu standardisierenden und automatisierenden „Low touch“-Dienstleistungen, welche bereits seit längerer Zeit einem zunehmenden Margendruck ausgesetzt sind. Greift der Verbraucher aber zukünftig zunehmend zu Fintech-Angeboten, so wird aus dem Kunden, der heute noch über eine Hauptbank- und ein paar Nebenbankbeziehungen verfügt, zukünftig ein Kunde, der für sein jeweiliges Bedürfnis eine App beziehungsweise ein spezialisiertes Fintech nutzt.

Komfort und gute Konditionen binden Kunden

Der Fragmentierung der Wertschöpfungskette steht damit ein Kunde gegenüber, der zunehmend eigenständig den Überblick über seine unterschiedlich genutzten Fintech-Anbieter und -Apps behalten muss. Während dies bei eher niedrigen und einfach strukturierten Vermögen und einfachen Kundenbedürfnissen vermutlich sehr gut möglich ist, stellt sich jedoch die Frage, ob auch vermögende Privatkunden, die über ein komplexes und international belegenes Vermögen verfügen, ähnlich agieren werden.

Komfort und gute Konditionen werden diese bereits heute stark umworbene Klientel auch von ihren etablierten Anbietern erhalten. Denn vergleicht man beispielsweise heute Angebote von Robo-Advisors im Bereich der Anlageberatung beziehungsweise Vermögensverwaltung, so sind deren Konditionen für etablierte Anbieter nicht unschlagbar. Es geht damit vielmehr um die Ergänzung bestehender traditioneller Geschäftsmodelle, um die ihnen bisher häufig noch fehlenden und insbesondere durch Fintechs sehr gut und schnell abgebildeten Ebenen des Nutzerkomforts, der Multikanalfähigkeit und der sogenannten Usability.

Berater müssen Mehrwerte bieten

Bei der Wahrung bestehender Wettbewerbsvorteile gegenüber Fintechs stehen damit aber Themen der Beratungs- und Betreuungsqualität im Vordergrund, die von Fintechs entweder technisch (noch) nicht geleistet werden können oder im Hinblick auf hier nicht erzielbaren Economies of Scale nicht geleistet werden wollen. Im Bereich des gehobenen Privatkundengeschäfts sind dies komplexe und eher hochmargige Beratungsleistungen im Bereich der ganzheitlichen Finanzplanung (Financial Planning), der Vermögensnachfolgeplanung (Estate Planning), der Ruhestandsplanung, der Stiftungsplanung, des Private Real Estate Managements oder der Testamentsvollstreckung.

Digitalisierung und Fintechs forcieren eine ohnehin nicht aufhaltbare Entwicklung, indem sie weniger wertschöpfende Dienstleistungen standardisieren und in einen Preis- beziehungsweise Konditionenwettbewerb überführen. Die aktuelle Entwicklung bedroht umso mehr diejenigen Berater, die sich nicht über tatsächlich wertschöpfende Dienstleistungen, sondern möglicherweise eben doch nur über Produkte beim Kunden zu positionieren versuchen.

Seite drei: Kunden mit digitalen Lösungen besser und intensiver zu beraten

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