Schiffsfonds: Die Ära der Asset Manager ist da

In ihrer gemeinsamen Studie „Sanierungskapital für Schiffsfonds – Konzepte und Tendenzen“ gehen das Analysehaus Deutsche FondsResearch (DFR) und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft TPW davon aus, dass eine zweite Sanierungswelle auf den Markt für fondsfinanzierte Schiffe zukommt. Grundlage der Analyse bildet die DFR-Datenbank zur Bewertung von Schiffsbeteiligungen. Demnach konnten 262 Schiffe mit einem Kommanditkapital von rund 3,4 Milliarden Euro durch ein schlüssiges Sanierungskonzept in Fahrt gehalten werden. Allerdings sei zu erwarten, dass die Anleger erneut aufgefordert werden, Kapital nachzuschießen.

Dies gelte sowohl für bereits sanierte als auch nicht-sanierte Schifffahrtsgesellschaften: 64 noch nicht sanierte Schiffsfonds mit einem Gesamtkommanditkapital von rund 773 Millionen Euro befinden sich laut DFR in akuter Sanierungsgefahr. „Viele Schiffsbeteiligungen waren bezüglich der Entwicklung der Charterraten nach der ersten Sanierungswelle zu optimistisch und drohen nun in der zweiten Welle auf Grund zu laufen“, sagte DFR-Geschäftsführer Nils Lorentzen anlässlich der Vorstellung auf dem Hansa Forum Mitte November 2011.

Seither sind Anzeichen für eine nachhaltige Erholung der Charterraten auf den Container-, Bulker- oder Tankermärkten nicht in Sicht. Bei manch einem Schiff reichen die Einnahmen nicht, um die Schiffsbetriebskosten zu decken, ganz zu schweigen davon, Zins und Tilgung an die Banken zu leisten oder gar die Anleger mit Ausschüttungen zu beglücken.

Sorge bereitet den Asset Managern jedoch nicht nur die Entwicklung der Schifffahrtsmärkte – hinzu kommt, dass Deutschlands Kreditinstitute unter dem Druck stehen, die verschärften Eigenkapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht zu erfüllen. Die HSH-Nordbank, ehemals größter Schiffsfinanzierer der Welt beispielsweise, ist gehalten, das eigene Schiffsportfolio bis 2014 zu halbieren, um sich selbst vor dem Kentern zu retten. Unliebsam gewordene Kredite loswerden zu wollen, ist da mehr als naheliegend. Diesen Kurs verfolgt offensichtlich auch die Commerzbank-Gruppe, zu der auch die Deutsche Schiffsbank gehört. Sie war auch der Fremdkapitalgeber des KGAL-Fonds „MT Marnavi Splendor“ und veranlasste, den Tanker Anfang August 2011 in Rotterdam zu stoppen. Kurz darauf wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Auch andere Initiatoren maritimer Beteiligungsangebote, darunter beispielsweise GHF, Elbe Emissionshaus oder Ownership, waren bereits gezwungen, Insolvenzen von Schiffsfondsgesellschaften in ihrer Leistungsbilanz auszuweisen. Einer Erhebung des Branchenexperten Jürgen Dobert zufolge sind seit dem Jahr 2009 bereits in mehr als 40 Fällen die ausgearbeiteten Sanierungskonzepte für Schiffsfonds nicht aufgegangen. Noch im Laufe des ersten Halbjahres, so die Erwartung verschiedener Marktbeobachter, könne die Zahl der Insolvenzanmeldungen bereits dreistellig sein.

Das Hamburger Emissionshaus HCI Capital beispielsweise musste kurz vor Weihnachten 2011 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zweier Containerschiffsgesellschaften beantragen. Der Initiator hat in den vergangenen 26 Jahren insgesamt 434 Schiffsfonds aufgelegt und mit Unterstützung von Anlegern 535 Schiffe finanziert – mehr als jedes andere Emissionshaus. Die Mehrzahl waren Einschiffsgesellschaften und Dachfonds im Publikumsbereich, lediglich 45 Fonds wurden als Private Placement strukturiert. 200 Schiffe wurden zwischenzeitlich wieder veräußert.

Die Einschläge kommen immer näher

Bis Mitte Dezember 2011 haben die Asset Manager bei HCI Capital alle Fonds mit Unterstützung der Anleger, Vertriebspartner sowie der Banken und Reeder durch die Krise gesteuert und nur ein Schiff unterwegs verloren: Im Jahr 2009 hatten die Anleger des Dachfonds Shipping Select XV beschlossen, den Containerfrachter „Mar Catania“ nicht weiter zu stützen, was zur Insolvenz der Objektgesellschaft führte.

Bereits seit dem Einsetzen der Finanz- und Wirtschaftskrise im vierten Quartal 2008 und dem damit einhergehenden Einbruch der Charterraten waren die Asset Manager bei HCI Capital verstärkt gefragt und mussten für rund 100 Schiffsfondsgesellschaften Restrukturierungskonzepte entwickeln. „In den meisten Fällen ist es den Fondsgeschäftsführern gelungen, mit Zustimmung der Gesellschafter Vereinbarungen mit Banken oder Reedern über Tilgungsaussetzungen zu schließen. In den vergangenen drei Jahren waren wir allerdings auch in vielen Fällen gezwungen, Anleger um die Leistung von Wiedereinlagen zu ersuchen“, berichtet Andreas Arndt, zugleich Generalbevollmächtigter und Vertriebsleister bei HCI Capital, und betont, dass eine Insolvenz nicht in jedem Falle den Totalverlust der Einlage von Anlegern zur Folge habe.

Seite 3: Die Bereitschaft der Anleger, erneut Nachschüsse zu leisten, dürfte sinken

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