Trendwende bei den Baufinanzierungszinsen?

Die Baufinanzierungszinsen in Deutschland haben sich in den vergangenen Wochen verteuert. Ob es sich um eine Trendumkehr handelt, ist nach Einschätzung des Finanzdienstleisters Dr. Klein noch unsicher.

Immobiliendarlehen haben sich in den vergangenen Wochen verteuert.

Kunden, die derzeit auf der Suche nach einer Erst- oder Anschlussfinanzierung sind, haben sich in letzter Zeit verwundert die Augen gerieben: Innerhalb weniger Wochen kletterten die Baufinanzierungszinsen − nach Auskunft von Dr. Klein bei einer zehnjährigen Zinsbindung um bis zu 0,50 Prozentpunkte.

Ob es sich um die lang erwartete Trendumkehr handelt oder die Baufinanzierungzinsen wieder auf das Niveau von Mitte April zurückfallen, bleibt nach Aussage des Unternehmens abzuwarten. Ein deutlicher Zinsanstieg sei nicht auszuschließen.

Verzerrte Entwicklung

„Seit geraumer Zeit ist bei den Baufinanzierungskonditionen eine völlig verzerrte Entwicklung zu beobachten“, erläutert das Unternehmen. Vor dem Hintergrund der Staatsschuldenkrise diverser Länder in Europa haben die Investoren in den letzten anderthalb Jahren viel Kapital in sichere deutsche Staatsanleihen investiert.

Dies habe dazu beigetragen, dass die Renditen dieser Staatsanleihen immer weiter gefallen sind. Die Renditen von Pfandbriefen, zu denen sich Banken für ausgegebene Baufinanzierungsdarlehen refinanzieren können, orientieren sich wiederum an der Entwicklung der Renditen der Staatsanleihen.

Zinsanstieg seit Mitte April 2015

Infolgedessen sei bis zum bisherigen Tiefststand Mitte April 2015 eine starke Vergünstigung bei den Baufinanzierungszinsen beobachtet worden: Seit Ende 2013/Anfang 2014 seien die Zinsen für zehnjährige Zinsbindungen um bis zu 1,5 Prozentpunkte gefallen, eine Entwicklung, die sich bis April 2015 fortsetzte.

„Dass es bei einer derart starken Abwärtsentwicklung einmal eine Gegenreaktion geben musste, war nur eine Frage der Zeit“, kommentiert Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher der Dr. Klein & Co. AG, das Geschehen. „Internationale Investoren haben sowohl am Markt für Staatsanleihen als auch im Aktienmarkt in der letzten Zeit begonnen, Gewinne mitzunehmen. Bei Staatsanleihen hat dies zu wieder steigenden Renditen − und damit in der oben beschriebenen Logik zu steigenden Baufinanzierungszinsen − geführt.“

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Über den Auslöser für die Verkaufswelle könne nur gemutmaßt werden: Es scheine bei den Investoren die Erkenntnis gereift zu sein, dass die Renditen der Staatsanleihen zwischenzeitlich als zu gering eingeschätzt wurden. Andere Experten führen an, dass der Ölpreis seit seinen Tiefstständen wieder deutlich zugelegt hat und dies zu einer zukünftig steigenden Preisentwicklung führen wird.

Ob diese Situation zu einem dauerhaften Aufwärtstrend der Baufinanzierungszinsen in Deutschland führe, werde die weitere Entwicklung zeigen.

Sollte sich in den nächsten Monaten die einhellige Meinung durchsetzen, dass die Inflation wieder anziehen wird oder die EZB sogar ihr Anleihekaufprogramm schneller als erwartet verringert oder einstellt, sei mit einem deutlichen Zinsanstieg zu rechnen. Für die nächsten Wochen seien zunächst stark schwankende Zinsen zu erwarten.

Baufinanzierung: Aktuelles Zinsniveau sichern

„Kunden, die in den kommenden zwei bis 24 Monaten eine Anschlussfinanzierung benötigen und das Risiko eines weiteren Zinsanstieges scheuen, sollten sich die jetzigen Konditionen unbedingt sichern“, empfiehlt Gawarecki. „Zum einen ist das jetzige Zinsniveau noch immer historisch niedrig. Zum andern werden für ein Forward-Darlehen, das heute abgeschlossen wird, meistens keine hohen Aufschläge fällig. Viele Banken bieten eine kostenlose Vorlaufzeit von sechs, aber auch teilweise zwölf Monaten an.“ (bk)

Foto: Shutterstock

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