Cryan und Schäuble sehen Frankfurt als klaren Brexit-Gewinner

Aus deutscher Sicht dürfte Frankfurt nach dem Brexit zum neuen europäischen Finanzzentrum aufsteigen. Das bekräftigten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sowie Deutsche-Bank-Chef John Cryan auf einer Konferenz.

Mit dem anstehenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) dürfen die Banken viele Geschäfte in Kontinentaleuropa nicht mehr aus der Finanzmetropole London heraus erledigen.

Frankfurt am Main wird nach Einschätzung von Wolfgang Schäuble und John Cryan nach dem Brexit das neue europäische Finanzzentrum.

„Natürlich gibt es keinen besseren Platz in Kontinentaleuropa als Frankfurt“, sagte Schäuble am Mittwoch auf der Konferenz „Banken im Umbruch“ in Frankfurt. Deswegen plädiere er auch dafür, die aktuell noch in London ansässige Europäische Bankenaufsicht EBA in die Stadt zu holen. „Ich hoffe, wir werden uns mit den besseren Argumenten für den Standort Frankfurt durchsetzen.“

Cryan: Nur Frankfurt bringt alle Voraussetzungen mit

Mit dem anstehenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) dürfen die Banken viele Geschäfte in Kontinentaleuropa nicht mehr aus der Finanzmetropole London heraus erledigen. Deshalb gibt es seit Monaten die Debatte, in welche EU-Städte die Jobs abwandern werden.

„Ich kann diese Debatte nicht so ganz nachvollziehen“, sagte Cryan auf der gleichen Konferenz. Denn das Rennen sei eigentlich schon gelaufen. „Diese Voraussetzungen bringt nur eine europäische Stadt mit, und das ist Frankfurt.“

Cryan zufolge liegen die Vorteile auf der Hand: „Hier sind die relevanten Aufsichtsbehörden, große Anwaltskanzleien und Beratungsfirmen, es gibt hervorragende Datenleitungen in die ganze Welt und wir haben einen internationalen Flughafen vor der Tür.“

All das spreche dafür, an den Main zu ziehen, „wenn man die Themse verlassen muss“. Finanzminister Schäuble merkte jedoch an: „Auch nach einem Brexit wird ein Finanzzentrum London für Europa wichtig bleiben.“

Auch Dublin, Amsterdam und Paris profitieren

In Finanzkreisen kursieren unterschiedliche Zahlen, wie viele Banker aus London nach Frankfurt kommen könnten. Die Schätzungen reichen von einigen Tausend bis hin zu Zehntausenden. Fakt ist, dass bereits etliche ausländische Banken etwa aus Japan den Antrag auf eine Banklizenz hierzulande gestellt haben.

In Städten wie Dublin, Amsterdam und Paris würden zwar auch Arbeitsplätze entstehen, räumte Deutsche-Bank-Chef Cryan ein. „Aber keiner dieser Standorte hat die Strukturen, um wirklich einen substanziellen Teil des Geschäfts aus London zu übernehmen.“

Auch die Deutsche Bank wird Jobs in ihre Heimatstadt zurückholen, wenngleich sie bislang keine genauen Zahlen nennt. Frankfurt sei für sein Haus die „natürliche Anlaufstelle“, sagte Cryan. Die Frage sei nun: „Wie viel Geschäft wird Frankfurt bekommen?“

Frankfurt konkurriert auch mit Singapur und New York

Denn die Bankenmetropole am Main konkurriere auch mit internationalen Finanzzentren wie Singapur oder New York. „Für eine internationale Bank ist es immer eine Option, in Europa nur das Nötigste vorzuhalten“, so Cryan.

Der Deutsche-Bank-Chef stellte klar, dass er keine laxere Regulierung oder Änderungen in dem als arbeitnehmerfreundlich geltenden deutschen Arbeitsrecht fordere. Es gehe eher um neue Wohnviertel, Theater oder mehr internationale Schulen in der Stadt. „Der Brexit könnte also zu einem riesigen Konjunkturprogramm für Frankfurt werden. Das Land Hessen und die Stadt Frankfurt müssen es nur wollen.“ (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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