Agrarfonds: Spekulation auf den Hunger der Welt?

Cash.: Agrarfonds sehen sich immer wieder der Kritik ausgesetzt, sie würden auf dem Rücken von Hunger und Armut auf der Welt Geschäfte machen. Was ist dran an diesem Argument?

Oberbannscheidt: Wir spekulieren weder auf Nahrungsmittel- noch auf Landpreise. Der Fonds investiert in Aktien entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir sehen die Preise für Agrarrohstoffe eher als globalen Indikator für Ineffizienzen. Diese beobachten wir nicht nur in Düngung, Pflanzenschutz oder Saatgut. Auch die globale Logistik und Lagerhaltung, Verarbeitung und Konsum sind ineffizient gestaltet. Im Prinzip stellen wir Firmen Kapital zur Verfügung, um Engpässe zu entschärfen.

Cash.: An was orientiert sich Ihr Ansatz?

Oberbannscheidt: Dieser orientiert sich an Nachhaltigkeitskriterien, die für die globale Agrarwirtschaft immer relevanter werden. So sehe ich zum Beispiel nicht, wie Investments in Bionahrungsmittelhersteller, Logistikfirmen oder auch Nahrungsmitteltechnologien zur Verringerung des Salz-, Zucker- oder Geschmacksverstärkergehaltes kritisch zu durchleuchten wären. Wir investieren nicht nur in Upstream, also alles was sich nahe am Bauernhof abspielt, sondern auch in Werte, die näher am Konsumenten angesiedelt sind. Wir dürfen bei der Diskussion nicht vergessen, dass die globalen Lagerbestände für Agrarrohstoffe sich in den letzten 50 Jahren massiv verringert haben, durch Bevölkerungswachstum, Verstädterung, Klimawandel, Veränderung weltweiter Essgewohnheiten und einer rapiden Verringerung in Investitionen entlang der Wertschöpfungskette.

Cash.: Können Agrarfonds mit der Performance klassischer Rohstoff-Fonds mithalten?

Oberbannscheidt: Rohstofffonds investieren zumeist mittels Derivaten direkter in Mais, Soja, Zucker und so weiter. Die Volatilität, beziehungsweise das dem Ertrag gegenüberstehende Risiko ist höher als bei einem globalen Agri-Aktienfonds. Zudem fallen Gebühren beim Kauf und dem sogenannten Rollen von Futurepositionen an. Ferner handeln nicht alle Rohstoffe im Tandem. Als Aktienfonds investieren Sie also eher in die Schaufelhersteller und -verkäufer als direkt in eine Goldmine um den Vergleich zum Goldrush in Kalifornien herzustellen. Es gibt immer Phasen, wo sich die Performance temporär unterscheiden wird, wir sehen aber derzeit ein interessantes Bewertungsniveau fuer Agri-Aktien weltweit und haben historisch gesehen eine eher niedrige Korrelation von 0,35 zwischen dem DWS Agribusiness Fonds und Soft Commodities.

Cash.: Welche Wachstumschancen sehen Sie für den Sektor und was sind deren Treiber?

Oberbannscheidt: Die Wachstumschancen ergeben sich aus den Investitionen, die weltweit im Agrarbereich getätigt werden müssen. Das Klima wird noch volatiler, so dass leider auch mit weiteren Ernteausfällen zu rechnen ist. Derzeit sehen die Niederschlagsmengen in Brasilien zum Beispiel gefährlich niedrig aus. Koordiniertes und schnelles Handeln ist gefragt. Unternehmen und Privatwirtschaft sind ein wenig schneller als Regierungen und supranationale Organisationen. Agrarwirtschaft lässt sich weltweit auch nicht mit einem einzigen Ansatz lösen. Hier muss Rücksicht auf Kultur, Tradition, Eigentumsverhältnisse, Bodenbeschaffenheit und natürlich Essgewohnheiten genommen werden. Wir sehen Dynamik in allen Teilbereichen der Wertschöpfungskette. Weltweit müssen pro Jahr zusätzlich circa 60 Milliarden US-Dollar zu den schon bestehenden 125 Milliarden US-Dollar investiert werden, um überhaupt mit der Nachfragesteigerung mithalten zu können.

Interview: Frank O. Milewski

Fotos: Shutterstock, Global Thematic Partners

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