„US-Aktienmarkt steht keine erneute Aufschwungphase bevor“

Die US-Kongresswahlen sind entschieden. Die Republikaner um US-Präsident Donald Trump haben im Repräsentantenhaus wie von Experten erwartet die Mehrheit verloren. Im Senat konnten sie sich hingegen in Überzahl behaupten. Die heutigen Kommentare mehrerer Fondsmanager fassen zusammen, was das für die Märkte und Ihr Portfolio bedeutet.

Das Rennen um Senat und Repräsentantenhaus in den USA ist entschieden.

John Vail, Globaler Chefstratege von Nikko Asset Management: Die Demokraten haben bei der Auswahl ihrer Kandidaten für das Repräsentantenhaus einen guten Job gemacht: Viele von ihnen sind Frauen mit militärischem Hintergrund. Das Unterhaus wird fortan von den Demokraten kontrolliert, die Trump das Leben in den nächsten zwei Jahren schwer machen werden.

Sie könnten Untersuchungen des Innenausschusses einleiten, die Trumps möglichen Verstrickungen (etwa in der Russland-Affäre) nachgehen und durchaus zu seiner Amtsenthebung führen könnten. Doch Druck dürfte ihm auch aus den eigenen Reihen entgegenschlagen, weil er wahrscheinlich einen deutlich loyaleren Justizminister ernennen wird.

Die Republikaner konnten ihre Mehrheit im Senat um mehrere Sitze ausbauen, was die Bestätigung von Richtern und Regierungsmitgliedern künftig erleichtert und es schwieriger macht, Trumps Vetos außer Kraft zu setzen. Sie macht auch eine Verurteilung Trumps weniger wahrscheinlich, sollte er vom Repräsentantenhaus angeklagt werden.

Die Chance, dass ein angeklagter, aber nicht verurteilter Präsident wiedergewählt wird, scheint unwahrscheinlich, aber in diesen ungewissen Zeiten nicht unmöglich. Doch in solch einer Situation würde Trump vielleicht gar nicht mehr antreten wollen. Auf jeden Fall wären die Chancen der Republikaner, 2020 erneut die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen, deutlich geschmälert. Ein Sieg der Demokraten könnte durchaus wieder zu höheren Steuern und mehr Unternehmens- und Umweltvorschriften führen.

Otmar Lang, Targobank: „Trotz der positiven Effekte für die Börsen bedeutet der Wahlausgang allerdings nicht, dass dem US-Aktienmarkt noch einmal eine Aufschwungphase bevorsteht.“

Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank: Der Ausgang der Midterm Elections in den USA dürfte für die Kapitalmärkte eine gute Nachricht sein. Dass der US-Präsident nun weiterhin seine republikanischen Impulse setzen kann, dabei aber etwas mehr Gegenwind von den Demokraten im Repräsentantenhaus bekommt, könnte sich als optimale Konstellation für die Märkte herausstellen.

Grundsätzlich trauen die Börsen den Republikanern mehr Wirtschaftskompetenz zu als den Demokraten – doch Donald Trump hat es durch seine zuweilen aggressive Vorgehensweise geschafft, diesen Bonus zu verspielen. So sehr die Märkte republikanische Politik grundsätzlich zu schätzen wissen, so wenig mögen sie Unsicherheit und Instabilität.

Dass US-Präsident Trump in der neuen politischen Konstellation bei vielen seiner Vorhaben leichter einzubremsen ist, dürfte vor allem auch ausländische Investoren freuen. Schließlich plant er die Regulierung der Finanzmärkte zurückzufahren, die Mittel zur Förderung erneuerbarer Energien zu kürzen und die Sozialausgaben zu senken – und das geht vielen Investoren zu weit.

Trotz der positiven Effekte für die Börsen bedeutet der Wahlausgang allerdings nicht, dass dem US-Aktienmarkt noch einmal eine Aufschwungphase bevorsteht. Denn die republikanische Regierung hat ihr Pulver mit Inkrafttreten der Steuerreform bereits weitgehend verschossen.

Um das geplante milliardenschwere Infrastrukturprogramm ist es aufgrund des sich abzeichnenden höheren Staatsdefizites inzwischen sehr ruhig geworden. Auch haben die Steuersenkungen nicht den Erfolg gebracht, den man sich erhofft hat. Die US-Investitionen sind kaum angesprungen. Die US-Unternehmen haben es vorgezogen, mit den Steuergeschenken eigene Aktien zurückzukaufen, anstatt Investitionen zu tätigen, die Wachstumsschübe hätten auslösen können.

Darüber hinaus dämpft der fortschreitende Prozess der US-Zinsnormalisierung die volkswirtschaftlichen Aktivitäten. Ein schwächeres Wirtschaftswachstum außerhalb der USA trägt ein Übriges dazu bei, dass die Voraussetzungen heute andere sind als unmittelbar nach der US-Präsidentschaftswahl Anfang 2017.

Seite zwei: Warum die Märkte den Ausgang der Wahlen mögen werden

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