Autoindustrie: Innovationsschub contra Krise

Der Automobilsektor ist seit Monaten gebeutelt. Abgasskandale, Co2-Diskussionen und der Klimawandel sorgen für für eine krisenhafte Stimmung in Deutschlands einstiger Vorzeig-Industrie. Eine rasche Besserung der Lage scheint in weiter Ferne.

„Die Stimmung in der Branche ist schlecht“ – das bescheinigt Jürgen Pieper, Director Research und Senior Advisor bei Metzler Capital Markets, dem deutschen Automobilsektor. Vor allem ein massiver Nachfrageeinbruch in China und reichlich politischer Gegenwind hätten 2019 eine rekordverdächtige Welle an Gewinnwarnungen ausgelöst.

Druck auf die Autobranche

Zudem erhöhe die Debatte über den Klimawandel den Druck auf die Autobranche: SUVs beispielsweise durchliefen derzeit einen massiven Imagewandel – weg von der stylish-praktischen Familienkutsche hin zur unverantwortlichen CO2-Schleuder. Die Bundesregierung hat am 20. September in ihrem Klimapaket unter anderem beschlossen, fossile Brennstoffe wie Diesel und Benzin mit einem CO2-Preis zu versehen – Autofahren wird also teurer. Und noch immer sei Dieselgate nicht beigelegt.

Zeichen stehen auf Krise

Alle Zeichen stünden somit auf Krise, um nicht zu sagen Superkrise. Dies habe sich auch auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main widergespiegelt: Sie war von zahlreichen Protesten und Demonstrationen von Klimaschützern begleitetet, und die Besucherzahl sank ebenso wie die Zahl der internationalen Aussteller.

„Sowohl Elektroautos als auch Hybridfahrzeuge“

Dennoch glaubt Pieper nicht, dass die deutsche Automobilindustrie dauerhaft zur Krisenbranche wird: „Bereits ab 2020 rechne ich mit einer Aufbruchsstimmung unter den OEMs und Zulieferern. Sowohl Elektroautos als auch Hybridfahrzeuge werden dann durchstarten.“ Die seit Jahren gestiegenen Investitionen in die Entwicklung dürften zu einem Innovationsschub führen. „Auf mittlere Sicht sind qualitativ hochwertige, gut gemanagte und solide finanzierte Autohersteller und -zulieferer gute Investments“, ist Pieper überzeugt. Trotz der umfassenden Krise der globalen Autoindustrie sieht er für die Jahre 2020/21 ermutigende Vorzeichen:

  • Die Nachfrage nach Autos im nordamerikanische Markt sollte sich im US-Wahljahr 2020 wieder deutlich beleben. Davon dürften insbesondere die drei Hersteller BMW, Daimler und Volkswagen profitieren.
  • Die Nachfrage in China – dem weltweit wichtigsten Automobilmarkt – dürfte sich zumindest stabilisieren, da der Markt noch längst nicht gesättigt sei. Das werde Herstellern wie Zulieferern zugutekommen, allen voran Volkswagen, BMW und Hella.
  • Neben batteriegetriebenen Elektroautos dürften wahrscheinlich auch Hybridfahrzeuge in den kommenden Jahren ihren Siegeszug antreten. Wegen ihrer aufwendigen Antriebstechnik sollten sich damit die Perspektiven vieler Zulieferer verbessern, vor allem die von Leoni.
  • Die mehrjährige Phase eines sehr signifikanten Anstiegs der F&E-Aufwendungen in der Branche geht allmählich zu Ende. Neue Technologien werden nach und nach marktreif; der Kostendruck dürfte daher ab 2020 deutlich nachlassen.
  • Etliche Unternehmen der Automobilbranche haben zudem Effizienzprogramme als „Gegenmittel“ gegen die Krise aufgelegt, die ab 2020 Früchte tragen dürften. Darüber hinaus kam es zu vergleichsweise vielen Wechseln auf Vorstandsebene – hier bieten sich Chancen für eine erfolgversprechendere Neuaufstellung. In diesem Zusammenhang hebt Pieper vor allem BMW, Daimler und Norma hervor.

Mit Blick auf das nächste Jahr zählen zu Piepers Favoriten unter den Herstellern und Zulieferern BMW, Volkswagen und Norma.

Foto: Shutterstock

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