EEG-Reform: „Auf die Marktakteure wird viel Bürokratie zukommen“

Cash. sprach mit Karsten Reetz, geschäftsführender Gesellschafter der Reconcept Gruppe, über die Folgen der EEG-Novelle.

"Wir gehen davon aus, dass Investitionsvorhaben in neue Windparks ab 2017 für kleinere, mittelständische Anbieter wie Reconcept in Deutschland nur noch sehr schwierig zu realisieren sein werden."
Karsten Reetz: „Wir gehen davon aus, dass Investitionsvorhaben in neue Windparks ab 2017 für kleinere, mittelständische Anbieter wie Reconcept in Deutschland nur noch sehr schwierig zu realisieren sein werden.“

Herr Reetz, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat kürzlich erklärt, die Zeit des „Welpenschutzes“ für erneuerbare Energien sei vorbei. Die Renewables seien mittlerweile „zu Wachhunden herangewachsen“. Hat er recht?

Reetz: Die Energiewende in Deutschland wird ohne einen weiteren Ausbau erneuerbarer Energien ihre Klimaschutzziele nicht erreichen können. Mit 30 Prozent leisten erneuerbare Energien inzwischen einen beachtlichen Anteil an der Stromversorgung in Deutschland, doch weit mehr ist machbar und sinnvoll. Noch 2014 hatte die Bundesregierung mit dem „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ vorgegeben, dass der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent sinken soll. Da ist es doch einfach grotesk, dass ausgerechnet der Ausbau der absolut preiswerten Windenergie an Land gedrosselt werden soll.

Im letzten Jahr gingen in Deutschland Offshore-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 2.300 Megawatt (MW) neu ans Netz, bei der Windkraft an Land waren es 3.500 MW. In diesem Jahr rechnet die Branche mit einem Zubau von 3.300 MW an Land und 700 MW im Meer. Diese erfreuliche Dynamik der Energiewende soll nun ausgebremst werden. Unter dem EEG hat sich die innovationsstarke und international führende Windindustrie entwickelt: über 150.000 Beschäftigte in der Windindustrie, eine Exportquote von mehr als 67 Prozent und hohe Wertschöpfung. Das alles wird durch einen Systemwechsel grundlegend infrage gestellt.

Worauf müssen sich die Marktteilnehmer einstellen?

Reetz: Auf die Marktakteure wird viel Bürokratie zukommen. Das wird die Entstehungskosten nicht günstiger machen, vielmehr werden die Kosten für Projekte steigen. Und um einmal mit dem Märchen von der teuren Ökostrom-Umlage aufzuräumen: Wind, Wasser und Sonne liefern schon heute die Energie billiger als Atom- und Kohlekraftwerke. Das fällt aber nicht auf. Die hohen Subventionen für konventionelle Erzeuger erscheinen nämlich nicht auf der Stromrechnung.

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Die Subventionen für Atom und Kohle zahlen wir Verbraucher durch Steuern und Abgaben. 641 Milliarden Euro flossen laut einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) bis 2014 in Atom und Kohle, in erneuerbare Energien gerade einmal 102 Milliarden Euro. Nicht zu vergessen sind die gesamtgesellschaftlichen Kosten für Nuklearabfälle, Klimaschäden und Umweltverschmutzung bei Braunkohle, Steinkohle und Atomstrom.

Das geplante Ausschreibungsverfahren beeinträchtigt die Planbarkeit für Projektentwickler und Anbieter von Beteiligungen. Bleibt den Asset Managern jetzt nur noch die Investition in Bestandsanlagen bzw. die Flucht ins Ausland?

Reetz: Wir gehen davon aus, dass Investitionsvorhaben in neue Windparks ab 2017 für kleinere, mittelständische Anbieter wie Reconcept in Deutschland nur noch sehr schwierig zu realisieren sein werden, denn das Ausschreibungsverfahren ist mit hohen Vorlaufkosten verbunden. Bestandsanlagen und Repowering-Projekte, die von den aktuellen Vergütungsregelungen profitieren, bleiben natürlich noch interessant – hier wird die Preisentwicklung zu beobachten sein. Wir sondieren daher weitere europäische Märkte.

Interview: Kim Brodtmann

Foto: Florian Sonntag

Lesen Sie das vollständige Interview im aktuellen Cash.-Magazin 07/2016.

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