Initiative der Ergo bietet mehr als ein Run-Off-Angebot

Mitte der Woche sorgt ein Artikel im Tagesspiegel für Aufsehen. Ergo Deutschland AG kündigt an, man wollte künftig ein Run-Off-Angebot am Markt platzieren. Überraschend ist dies vor dem Hintergrund, dass Ergo  noch vor zwei Jahren seine eigenen Bestände an Verträgen über Lebensversicherung verkaufen wollte. Was Ergo mit dem Kurswechsel bezweckt.

Kaum zwei Jahre ist es her, dass die Ergo Versicherung beim Unterfangen Run-Off an der BaFin und dem negativen Feedback der eigenen Kunden scheitert. Ziel war es, sich als Reaktion auf das Niedrigzinsumfeld von den Lebensversicherungsverträgen mit hoher, garantierter Verzinsung zu trennen. Dieses Ansinnen trägt Ergo nicht allein. Es gibt einige Versicherer, deren Sorge um die Folgen aus diesen Zusagen von Jahr zu Jahr wachsen. 

Einen Weg, der als mögliche Blaupause für Andere diskutiert wird, beschreitet derzeit die Generali. Die Übergabe der eigenen Verträge über Lebensversicherungen an virdium als bekanntes Run-Off Unternehmen findet gerade seinen Abschluss. Hierbei werden die Bestände gegen eine Einmalzahlung verkauft. Das übernehmende Unternehmen führt die Verträge dann weiter und übernimmt alle Rechte und Pflichten der bestehenden Vertragsverhältnisse.

Sonderweg Ergo?

„Mit der Partnerschaft mit IBM legen wir den Grundstein für eine leistungsfähige Plattform zur Verwaltung auch sehr großer geschlossener Bestände, die IBM und ERGO als erste am Markt gemeinsam aufbauen.“ heißt es auf Anfrage von Cash.Online. Ziel sei es, so die Aussage der Ergo weiter, Kompetenzen von klassischer Lebensversicherung und IBM zu bündeln, um einen leistungsfähigen Third Party Administration-Providers aufzubauen.

Im Unterschied zu viridium verwaltet Ergo die Verträge lediglich. Die Rechte und Pflichten bleiben wie auch der Bestand selbst Eigentum des ursprünglichen Versicherers bei dem der Kunde den Vertrag abgeschlossen hat. Es findet also kein Verkauf statt, so Ergo auf die Frage danach, wie sich das Angebot von anderen Run-Off-Anbietern unterscheidet. 

Das Risiko bleibt beim Eigentümer

Ergo bietet Mitbewerbern die Möglichkeit an, ihre Verwaltungskosten zu reduzieren. Dazu können sie die moderne IT von Ergo nutzen:

„Alle Lebensversicherer haben ähnliche Probleme mit ihren klassischen Beständen. Viele werden sich jedoch die nötigen IT-Investitionen bei gleichzeitig schrumpfenden Beständen nicht leisten können.“ heißt es von Seiten der Ergo befragt dazu, welchen Anreiz andere Versicherer an der Zusammenarbeit mit Ergo haben. Somit setzt der Versicherer hier an einer anderen Stelle an als dies klassische Run-Off Anbieter tun.

Es gibt keine Lösung zur Frage, wer für die garantierten Leistungen haftet. Die Begrenzung der Kosten für die Verwaltung der Verträge ermöglicht es jedoch, die Verwaltungskosten zu senken und weiterhin die Betreuung der Kunden zu gewährleisten. Die Gewinne durch Reduzierung der Kosten könnten dann wieder zur Erbringung der garantierten Leistungen eingesetzt werden.

Damit liefert Ergo eine Lösung für ein Problem, was über die Frage der Bestände an Lebensversicherungen hinaus geht. Versicherern könnten generell das Outsourcing ihrer Bestandsbetreuung nutzen, um die Kosten für eine moderne Infrastruktur zu reduzieren. Ein möglicher Nachteil für Nutzer könnte sich aus der Abhängigkeit von einem der größten deutschen Versicherer ergeben.

Digitalisierung setzt Versicherer zusätzlich unter Druck

Diese Überlegungen helfen Versicherern auch bei der Digitalisierung. Eins der größten Probleme bei der Abbildung von digitalen Prozessen wie beispielsweise der Übermittlung von Anträgen und Unterschriften ist die überalterten IT. Wer dieses Problem selbst angehen möchte, der muss mit hohen Kosten rechnen. Insbesondere die steigende Pflicht zur Bildung von Rücklagen für Altverträge zur Erfüllung garantierter Leistungen erschwert kleinen Versicherern und Vertrieben die notwendigen Investitionen. 

Zeitgleich entstehen auch für die Vermittlung von Neugeschäft immer höhere Anforderungen. Ein Beispiel dafür ist die Einführung des LV-Provisionsdeckels. Für Vermittler wird es dadurch weniger attraktiv, diese Produkte anzubieten. Da jedoch viele Versicherer auf den Direktvertrieb durch freie Vermittler wie Versicherungsmakler setzen, müssen sie mit weiteren Rückgängen im Geschäft rechnen. Wer meint, digitale Technologien erlauben es, den Vermittler zu umgehen, der täuscht sich. Die meisten Versicherer und Vertriebe können den zu erwartenden Rückgang nicht durch digitales Marketing und den Eigenvertrieb vollständig kompensieren. 

Ob Outsourcing an die Ergo anderen Versicherern helfen wird, muss eine globale Entscheidung des einzelnen Unternehmens sein. Das Angebot des in Düsseldorf ansässigen Versicherers zeigt jedoch erstmals einen Mittelweg im Umgang mit Altbeständen auf. Zwischen Verkauf und Selbstverwaltung liegt ein Weg, der durch Prozessoptimierung Kosten spart, die für andere Zwecke genutzt werden können. 

Es bleibt abzuwarten, wer ab Mitte 2020 dazu bereit ist, sich auf diesen Weg einzulassen. Ergo nennt hierzu keine Namen, sondern bekräftigt auf Nachfrage von Cash.Online nur noch einmal das geäußerte Interesse seitens Dritter.

 

Foto: Shutterstock

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