Pflege: Eine Frage der Pflicht

Dabei ist das System bereits heute deutlich strapaziert: Besonders das Pflegestärkungsgesetz II (PSG II), das zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist, hat zu einer „unerwarteten“ Kostenexplosion bei der Pflegeversicherung geführt.

Rückblick: „Mit dem Inkrafttreten des PSG ist es nun sehr viel mehr Menschen möglich, Leistung aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu beziehen“, erklärt Jan Dinner, Geschäftsführer des Insuro Maklerservice.

Dass die Zahl der Leistungsempfänger zwischen Dezember 2015 und Dezember 2017 um 550.000 gestiegen sei, sei zu einem großen Teil auf die Einführung der neuen, weiter gefassten Definition von Pflegebedürftigkeit zurückzuführen.

Pflegekasse mit Milliardenverlusten

„Letztlich sind mehr Menschen zu Leistungsempfängern geworden, als das Ministerium und die Politik erwartet haben“, sagt denn auch Daniel Bahr, der zwischen 2011 und 2013 Bundesgesundheitsminister war und nun Vorstand der Allianz Krankenversicherung ist, im Interview mit Cash.

Allein von 2016 auf 2017 – dem Jahr des Inkrafttretens des PSG II – kletterten die Ausgaben in der gesetzlichen Pflegeversicherung um 7,25 Milliarden Euro auf über 35,5 Milliarden Euro. Auf der Kostenseite hat das Gesetz insbesondere im Jahr 2018 zu einer deutlichen Schieflage geführt.

Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes belief sich das Minus in der Pflegekasse auf 3,55 Milliarden Euro. Nicht umsonst wurde daher der Beitrag zu Jahresbeginn um 0,5 Prozentpunkte erhöht. Auf nunmehr 3,05 Prozent für Erwerbstätige mit Kindern. Kinderlose zahlen 3,3 Prozent.

Schiff hat Schlagseite

Dem Staat dürfte die leichte Korrektur rund 7,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen bescheren. Mit der Anhebung seien die steigenden Ausgaben für mehr Leistungsempfänger sowie für mehr Pflegekräfte und deren bessere Bezahlung wohl bis 2022 gedeckt, zeigt sich Bertelsmann-Studienleiter Dr. Stefan Etgeton überzeugt. Dennoch hat das Schiff immer noch Schlagseite.

„Nach der erneuten Anhebung des Beitrags mit Beginn des Jahres 2019 könnte der Eindruck entstehen, die Versorgung in diesem Bereich sein nun dauerhaft sichergestellt. Unsere Berechnungen zeigen aber, dass das auf längere Sicht nicht der Fall ist, wenn es bei den Rahmenbedingungen bleibt, die wir heute haben. Zur nachhaltigen Sicherung der Pflege bedarf es zusätzlicher Maßnahmen“, fordert Etgeton.

Seite drei: Einnahmen halten nicht mit Ausgaben mit

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