SPD-Rentenvorschlag: Das Ende der ursprünglichen Idee der Sozialversicherung

Besserverdienende mehr in die Rente einzahlen zu lassen, löst weder demografische Probleme noch vermeintliche Gerechtigkeitsdefizite. Im Kern stellt der Vorschlag des neuen SPD-Vorsitzenden den Sozialversicherungsgedanken der gesetzlichen Rente in Frage, meint Dr. Jochen Pimpertz, Leiter des Kompetenzfelds Öffentliche Finanzen, Soziale Sicherung, Verteilung beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).

Der neue SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans schlägt vor, dass Besserverdienende höhere Beiträge in die Rentenversicherung zahlen. Dazu will er die Beitragsbemessungsgrenze anheben und die Beitragspflicht auf Kapitaleinkünfte ausweiten. In der gesetzlichen Rentenversicherung führt das aber zu neuen Verwerfungen:

  • Wer während seines Erwerbslebens höhere Beiträge zahlt, erhält im Alter eine im Vergleich zu den übrigen Beitragszahlern höhere Rente – so die Logik der beitragsbezogenen Rente. Nach dem Vorschlag des SPD-Vorsitzenden droht dann aber künftig ein stärkeres Auseinanderklaffen in der Versorgung gesetzlicher Rentner zwischen ehemaligen Geringverdienern und Besserverdienern.
  • Für junge und nachfolgende Beitragszahler wäre damit noch nichts gewonnen. Denn entweder steigt die Rentenlast in der Zukunft unverändert, weil die Besserverdiener einen größeren Anteil an dem künftig zu verteilenden Kuchen erhalten. Für die ehemaligen Geringverdiener bliebe dann noch weniger. Oder die Rentenlast steigt noch stärker als ohnehin und das auf Kosten der nachfolgenden Generationen.
  • Was bisher nicht explizit genannt wurde, aber in dem Vorschlag mitschwingt: eine Kappung der Rentenansprüche für Besserverdiener. Damit ließe sich ein Anstieg der künftigen Rentenlast begrenzen. Die gesetzliche Rente würde damit aber zu einem stärker umverteilenden Alterssicherungssystem umgebaut – das Ende der ursprünglichen Sozialversicherungsidee.
  • Dann aber stellen sich neue Fragen: Warum überhaupt noch eine Beitragsbemessungsgrenze? Warum sollen nur Kapitaleinkünfte mit Beiträgen belastet werden und nicht auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, selbständiger Nebentätigkeit oder Land- und Forstwirtschaft?

Die Finanzierung der gesetzlichen Rente würde damit einen zunehmend steuerähnlichen Charakter erhalten, die gesetzliche Rente im Zweifel zunehmend zu einer Fürsorgeleistung degenerieren. Welchen Sinn macht es aber, einen neuen Umverteilungsmechanismus im Rahmen der Alterssicherung zu schaffen, wenn dafür mit dem allgemeinen Steuer- und Transfersystem bereits ein funktionierendes System besteht?

Foto: Shutterstock

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