Viel Kritik an geplanter Grundrente

Vor dem geplanten Beschluss der Bundesregierung zur Grundrente gibt es Kritik von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Angesichts des größten Niedriglohnsektors in Westeuropa sei eine Aufwertung niedriger Renten längst überfällig, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Denn niedrige Löhne seien Hauptursache von Altersarmut.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach

Allerdings sei das Verfahren zur Berechnung der Grundrente höchst kompliziert. Viel weniger Menschen als noch im ursprünglichen Entwurf vorgesehen würden profitieren. Verantwortlich dafür machte Buntenbach die Position von CDU und CSU in den monatelangen Verhandlungen zur Grundrente.

Nach monatelangem Streit will das Bundeskabinett am Mittwoch die Grundrente beschließen. Rund 1,3 Millionen Bezieher kleiner Renten sollen ab 2021 einen Aufschlag bekommen. Die zunächst 1,3 Milliarden Euro, die die Grundrente kosten soll, sollen mit Steuermitteln finanziert werden. Die Grundrente ist ein Prestigeprojekt der SPD. Die zwei Vorgängerregierungen waren mit ähnlichen Vorhaben gescheitert.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte, der Grundrenten-Beschluss sorge für gravierende Ungerechtigkeiten und leiste keinen zielgenauen Beitrag gegen Altersarmut. „Was die große Koalition nun beschließt, verwischt die Grenze zwischen beitragsfinanzierter Rente und bedürfnisorientierter Grundsicherung.“ Der Grundsatz, wer mehr einzahlt, erhält auch mehr Leistung, gelte dann nicht mehr.

Heftige Kritik übte auch der Wirtschaftsverband Die Jungen Unternehmer. „Unser Rentensystem ist eine tickende Zeitbombe, und die Grundrente verkürzt die Zeit bis zum großen Knall“, sagte die Bundesvorsitzende Sarna Röser der dpa. „Es ist unverantwortlich, dass immer mehr Lasten auf die Schultern der Beitrags- und Steuerzahler und vor allem auf die Schultern der jungen Generation abgeladen werden.“ Nötig seien vielmehr Maßnahmen, die zielgerichtet gegen Altersarmut helfen.

Die Union forderte einen neuen Vorschlag zur Finanzierung der Grundrente. „Ich vermute stark, dass es zum 1. Januar 2021 noch keine Finanzmarkttransaktionssteuer geben wird. Deshalb muss der Finanzminister einen Ersatzvorschlag vorlegen“, sagte Peter Weiß (CDU), sozialpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Diese Steuer war als Finanzierungsinstrument zur Grundrente vorgesehen gewesen.

„Stumpfes Schwert im Kampf gegen Armutsrenten“

„Die Grundrente wird den Menschen helfen, die hart arbeiten, aber wenig verdienen“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil der „Rheinischen Post“. Sie sei „Ausdruck unseres Respekts vor der Lebensleistung dieser Menschen“. „Der Kabinettsbeschluss ist ein gemeinsames Bekenntnis der gesamten Koalition, dass wir das jetzt auch in die Realität umsetzen werden.“ SPD-Chefin Saskia Esken sagte: „Die Grundrente stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme.“

SPD-Fraktionsvize Katja Mast pochte auf eine zügige Umsetzung der Pläne. „Alle Versuche, diesen sozialpolitischen Meilenstein zu verhindern, sind bisher gescheitert“, sagte sie der dpa. „Die parlamentarischen Beratungen werden unmittelbar starten.“ Das Ziel bleibe, dass die Grundrente am 1. Januar 2021 in Kraft tritt. „Weitere politische Störfeuer werden uns nicht von dem Weg abbringen“, betonte Mast.

Der Linke-Rentenexperte Matthias W. Birkwald kritisierte dagegen: „Aus dem wichtigsten sozialpolitischen Projekt der großen Koalition ist ein bürokratisches und stumpfes Schwert im Kampf gegen Armutsrenten geworden, das nicht mal seinen Namen verdient.“ Der Sozialverband VdK begrüßte die Pläne. VdK-Präsidentin Verena Bentele forderte aber, dass schon nach 30 und nicht erst ab 33 Jahren mit Beiträgen ein Grundrentenanspruch erworben wird. Sonst gingen viele Erwerbsminderungsrentner leer aus. (dpa-AFX)

Foto: Picture Alliance 

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