Fondspolicen: Warten auf den Sinneswandel

Fondspolicen haben in Deutschland auch weiterhin einen schweren Stand. Versicherer wollen mit kreativen Lösungen den Verlustängsten der Kunden entgegenwirken.

Claus Mischler, Standard Life
Claus Mischler, Standard Life: „Man kann sich nicht als Experte für konventionelle
Produkte präsentieren und im nächsten Moment als Spezialist für fondsgebundene
Produkte.“

Der Februar ist mit einer herben Niederlage für die deutschen Lebensversicherer zu Ende gegangen. Die von der Branche vehement geforderte Neuregelung der Bewertungsreservenbeteiligung fand im Vermittlungsausschuss aus Bundestag und Bundesrat ein jähes Ende – frühestens nach der Bundestagswahl im Herbst wird sich die Politik dem Thema wieder zuwenden. Bis dahin seien die Anbieter gezwungen, „hohe Sonderausschüttungen zugunsten weniger Kunden zu leisten”, ärgert sich Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die übrigen 95 Prozent der Lebensversicherungskunden müssten das künftig mit stärker sinkenden Überschüssen bezahlen, moniert Fürstenwerth.

Deutsche verpassen Dax-Hausse

Sollte sich die GDV-Prognose bewahrheiten, so werden im nächsten Jahr die allermeisten Kunden von den aktuell durchschnittlich zugesagten 3,6 Prozent für klassische Kapitallebens- und Rentenversicherungen erneut ein paar Prozentpunkte abziehen müssen. Während das Ende der politisch gewollten Mini-Zinsen bei den zu rund 90 Prozent in festverzinslichen Wertpapieren investierten klassischen Lebenpolicen nicht in Sicht ist, zeigt sich in anderen Bereichen des Kapitalmarkts deutlich mehr Dynamik.

Beispiel Dax: Der Deutsche Aktienindex legte im vergangenen Jahr um fast 30 Prozent zu. Doch da der Leitindex zwischenzeitlich auch um 16 Prozent nachgab, verfolgen viele Altersvorsorgesparer diese eigentlich positive Entwicklung eher argwöhnisch. Fondsgebundene Versicherungen, die von einem Aktien-Aufwärtstrend profitieren können, haben deshalb auch weiterhin einen sehr schweren Stand beim Kunden. So dominiert im Neugeschäft der Versicherer im ersten Halbjahr 2012 auch weiterhin mit einem Marktanteil von 76 Prozent die klassische Lebensversicherung, während die Fondspolice nur 24 Prozent erreicht – 2008 waren es noch knapp 59 Prozent.

Branchenexperten erklären sich den Rückgang so: „Sicherlich haben die vergangenen, sehr volatilen Jahre an den internationalen Kapitalmärkten ihre Spuren hinterlassen. Kunden sind verunsichert und wollen kein allzu hohes Risiko eingehen“, sagt Dr. Claus Mischler, Leiter Produktentwicklung bei der deutschen Niederlassung des britischen Versicherers Standard Life. Dies habe auch den Absatz von fondsgebundenen Produkten negativ beeinflusst, so Mischler.

Marlies Tiedemann, Leiterin Produkt- und Zielgruppenmarketing bei Moneymaxx, der auf Fondspolicen spezialisierten Produktmarke der Basler Versicherungen, sieht es ähnlich, sie hofft aber zugleich auf einen positiven Folgeeffekt: „Dadurch, dass die Kunden das Geschehen am Aktienmarkt nicht in Echtzeit für sich wahrnehmen, hängen Fondspolicen den Entwicklungen grundsätzlich hinterher. Andererseits ist für die Kunden der Absturz der Aktienmärkte im Jahr 2008 noch sehr präsent, wodurch die Fondspolicen von vielen noch immer mit einem höheren Risiko verbunden werden.“

Vorsicht bei Kurzläufer-Policen

Beim Versicherer Zurich hat man neben der allgemeinen Verunsicherung an den Kapitalmärkten noch ein anderes – gewissermaßen „hausgemachtes“ – Problem identifiziert: „Kunden finden Produkte mit und ohne Garantien, gemanagte und ungemanagte Fondsmodelle vor. Die Entscheidung für eins dieser Produkte zu treffen, fällt schwer“, konstatiert Marcus Nagel, CEO Global Life Deutschland. Einhergehend mit der Verunsicherung würden Kunden dann oft keine Versicherung abschließen, obwohl dies kontraproduktiv sei, so Nagel, denn „wer für sein Alter vorsorgen möchte, sollte heute handeln und nicht morgen“.

In der Tat legen Statistiken nahe, dass ein möglichst frühzeitiger Abschluss von Fondspolicen ratsam ist, das heißt, dass eine möglichst lange Vertragslaufzeit vereinbart werden sollte. Nach Angaben von Stephan Schinnenburg, Geschäftsführer des Analysehauses Morgen & Morgen, ergeben sich insbesondere bei kurzen Laufzeiten „eher unschöne Ergebnisse“ für rein fondsgebundene Produkte.

Im Klartext: Bei einer Laufzeit von zwölf Jahren sind rund ein Viertel der Fälle im negativen Bereich, der Versicherte erleidet also einen Geldverlust. Erst bei höheren Laufzeiten überwiegen laut Schinnenburg die Renditechancen das Verlustrisiko.

Hohe Garantien mit Nachteilen

Das Wort „Verlustrisiko“ ist für viele Anleger allerdings ein rotes Tuch – viele begnügen sich damit, ihre Ersparnisse auf dem Tagesgeld mit Ach und Krach auf Inflationsniveau zu hieven, wenn dieses Kapital im Gegenzug ausfallsicher ist. Die Versicherungswirtschaft weiß dies und hat sich auf die Risikoversion ihrer Kunden eingestellt – auch wenn sie Bedenken oftmals nicht teilen kann. Die Kunden scheuten die langfristige Altersvorsorge mit reinen fondsgebundenen Rentenversicherungen ohne Ablaufgarantie, stellt Gerhard Frieg fest.

Für den Produkt- und Marketingvorstand beim Kölner Lebensversicherer HDI bringt diese Scheu jedoch auch Nachteile mit sich: „Mit hohen Garantien wird der von allen gewünschte Kaufkrafterhalt erschwert bis nicht erreichbar, da dann der größte Teil der Anlagen in festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen investiert werden muss.“ Frieg betont daher, dass in der Ansparzeit niedrigere bis keine Garantien notwendig seien, damit eine Anlage „in alternative, breit über alle Anlageklassen diversifi zierte Vorsorgekonzepte“ möglich werde. Nur so könne bei gleichzeitig schleichender Inflation der Werterhalt der gewünschten Versorgung erreicht werden und damit die Basis für eine sichere und planbare privat oder betrieblich finanzierte Rente gelegt werden – innovative fondsgebundene Rentenversicherungen bieten die Möglichkeit dazu, bekräftigt Frieg.

Doch wie ist es um die Innovationen im Markt bestellt? Aus Sicht von Experte Mischler fällt die Antwort zweigeteilt aus. So werde oftmals schlichtweg übersehen, dass es insbesondere bei Fondspolicen bereits innovative Anlage- und Sicherungskonzepte gebe, die das Risiko bei der Kapitalanlage minimieren und für mehr Sicherheit sorgen könnten. Dies mache Fondspolicen zur attraktiven Alternative zu klassischen Produkten, so der Standard-Life-Manager.

Seite zwei: Unklare Positionierung beklagt

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