Atradius: Kein Ende der Krise in der deutschen Baubranche

Neben dem Wohnungsbau ist der Wirtschaftsbau, also die Herstellung von Gebäuden für Industrie und Gewerbe, derzeit problematisch. „Angesichts der steigenden Kosten können Projekte vielfach nicht mehr profitabel abgewickelt werden“, so Karrenberg. Die Krise treffe dabei besonders Projektentwickler, die während der niedrigen Zinspolitik Grundstücke gekauft, vermarktet und ein Projekt nach dem anderen entwickelt hätten, ohne auf die Rentabilität zu achten. Die Bereinigung der Branche finde vor diesem Hintergrund insbesondere bei den Projektentwicklern statt, die nicht ausreichend finanzielle Substanz aufgebaut hätten. 

Angesichts des anhaltenden und sogar steigenden Bedarfs an Wohnraum, dem Ausbau der Energieinfrastruktur und der Mobilitätswende blieben die Perspektiven der Baubranche trotz der aktuellen negativen Delle positiv. „Wir brauchen für die Zukunft eine funktionierende und gut aufgestellt Baubranche. Die aktuelle Marktbereinigung ist nicht gesund“, so Karrenberg. Schließlich verliere die Branche aufgrund der bestehenden Herausforderungen zahlreiche Unternehmen, die mittel- und langfristig eigentlich benötigt würden. 

Mehr Unterstützung durch die Politik notwendig

Um die Branche zukunftsfähig aufzustellen, bedürfe es daher neben der Eigenverantwortung der Unternehmen auch der Unterstützung durch die Politik. Die Regierung hat bereits Maßnahmen eingeleitet, wie etwa bessere Abschreibungsmöglichkeiten für den Wohnungsbau, die Anhebung der Einkommensgrenze für die Wohneigentumsförderung für Familien von 60.000 auf 90.000 Euro pro Jahr, ein millionenschweres Förderprogramm für klimafreundliche Neubauten oder ein Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Umwandlung von leerstehenden Gewerbeimmobilien in Wohnraum. 

Allerdings seien nach Ansicht von Atradius weitere Maßnahmen notwendig, wie etwa ein umfassendes Zinsprogramm für den bezahlbaren Wohnungsbau, schnellere Genehmigungen oder die Förderung von seriellem, modularem Bauen. Bei Letzterem werden standardisierte Gebäudeteile oder Module ganz oder teilweise vorgefertigt und vor Ort zusammengefügt. Dies spart Zeit und Kosten. Karrenberg: „Inmitten dieser Krise liegt eine Chance zur Neuerfindung und Anpassung, die nicht nur durch die Überwindung aktueller Hürden, sondern auch durch die Umarmung digitaler Transformation und nachhaltiger Bauweisen definiert wird.“ 

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