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15. Branchengipfel Sachwertanlagen: „Größte Herausforderung bleibt der Vertrieb“

Busboom: Genau. In der AIF-Welt gibt es keine gesetzliche Mindestlaufzeit. Man kann alles hineinschreiben – ein Jahr, fünf Jahre, theoretisch auch laufend. Aber das macht niemand, weil es schlicht keinen Sinn ergibt. Wenn ich ein illiquides Asset in ein scheinbar liquides Produkt presse, nur um kurzfristige Anlegerwünsche zu bedienen, wird das Produkt nicht besser. Wenn die Märkte schlecht stehen und Kunden kündigen, muss ich Assets verkaufen – meist zu ungünstigen Preisen. Oder ich halte dauerhaft hohe Liquiditätsreserven, um Rückgaben bedienen zu können. Aber diese Liquidität arbeitet nicht – das schmälert die Rendite. Und dann fragen sich alle, warum das Produkt so wenig bringt. 

Aber wenn die Kündigungsfrist – sagen wir – fünf Jahre beträgt, und der Kunde erst danach sein Geld zurückbekommt, würde der Fonds doch regulatorisch als „offen“ gelten. Wäre das nicht eine Chance, um den F1-Vertrieb zu erreichen?

Busboom: Als Stilmittel – ja, für bestimmte Zielgruppen, etwa Bankenvertrieb. Aber das macht das Produkt nicht automatisch besser. Es bleibt ein Balanceakt. Wir müssen flexibel bleiben und überlegen, welche Zielgruppen wir erreichen können und welche Produktformen für sie passen. Bei uns läuft vieles im Bereich der Einzelmandate. Wir haben eine starke Marke im Segment Erneuerbare Energien, die für Vertrauen sorgt. Im klassischen Retail-Geschäft, also B2B-Vertrieb, wird Wachstum schwieriger. Der Paragraf 34-f2-Markt wird kleiner, gute Vermittler bleiben, aber es wird kein Massenmarkt mehr. Bei Banken sehe ich Potenzial eher im Private Banking als im klassischen Filialgeschäft. Deshalb haben wir uns in diesem Jahr gezielt zwei Banken – eine Sparkasse und eine Genossenschaftsbank – als Mitaktionäre ins Haus geholt. Das schafft Vertrauen: Wenn eine Bank selbst investiert ist, öffnet das Türen. Aber auch hier: Das große Retail-Geschäft wird es nicht mehr sein. Private Banking und vermögende Kunden sind eher unsere Zielgruppe – Anlagevolumen ab 100.000 oder 200.000 Euro.

Auel: Das sehe ich genauso. Darunter bieten die Banken ohnehin kaum etwas an. Für uns ist das deshalb ein wichtiger Bereich im Retail-Segment.

Busboom: Eine weitere spannende Zielgruppe sind Vermögensverwalter – allerdings brauchen die völlig andere Produkte. Sie arbeiten mit Depoteinbuchung, verlangen andere Vergütungsmodelle. Dafür müssen Fonds stärker digitalisiert werden, eventuell auch tokenisiert. Viele Vermögensverwalter interessieren sich grundsätzlich für Sachwerte, gerade im Bereich Nachhaltigkeit. Aber sie brauchen maßgeschneiderte Strukturen, keine klassischen AIFs.

Lassen Sie uns noch einen Schritt zurückgehen. Gibt es eigentlich Produkttrends oder Innovationen, die sich im Markt abzeichnen? Mir scheint oft, dass ein geschlossener AIF von heute genauso aussieht wie vor fünf Jahren.

Peters: Da haben Sie recht – die Produktlogik ist gleich geblieben, nur die Regulierung ist spürbar komplexer geworden. Der Vermittlermarkt schrumpft, und einige Anbieter versuchen gegenzusteuern, etwa durch Ausbildungsinitiativen für junge Berater – „Young Professionals“ sozusagen. Das funktioniert punktuell gut. Aber der AIF bleibt ein exklusives Produkt. Banken werden da kaum Wachstumstreiber sein – im Gegenteil: Wir erleben ein Filialsterben. Junge Menschen interessieren sich nicht mehr für den Schalter, sondern für die App. Geld wird heute digital angelegt. Und darauf müssen wir reagieren. Wenn der AIF überleben will, muss er digital werden. Warum kann ich einen offenen Fonds per Knopfdruck ins Depot legen, aber einen AIF nur mit einer Vielzahl von Unterschriften zeichnen? Manche verlangen noch immer den Originalzeichnungsbogen auf Papier. Das passt nicht mehr in die Zeit. Langfristig wird die Zeichnung digital erfolgen – vielleicht über Token oder vergleichbare Strukturen. Wenn der AIF diesen Wandel nicht schafft, wird es in zehn oder zwanzig Jahren schwierig. Deshalb müssen wir Fantasie entwickeln und uns auf eine digitalisierte Welt einstellen – nur so behält das Produkt seine Anschlussfähigkeit.

Lars Harbig, Monvest: „Wir müssen wieder lernen, mit Überzeugung zu verkaufen – nicht als Massenprodukt, sondern als Qualitätsinvestment.“ (Foto: Florian Sonntag)

Harbig: Ich glaube, beim Thema Tokenisierung kommen wir langfristig nicht mehr drum herum. Das wird kommen – die spannende Frage ist nur: Wie schaffen wir den Sprung in den Vertrieb? Wie bringen wir den „Token“ an den Haken, damit er vom Anleger wahrgenommen und akzeptiert wird? Allerdings wird es am Ende auch nur ein Asset bzw. eine Verpackung in einer Vielzahl von Möglichkeiten sein. Der klassische AIF wird in meinen Augen weiter bestand haben, da er für einige Investments einfach der perfekte Produktmantel ist. Wie Peters bereits erwähnte, wenn in Zukunft noch eine digitale Zeichnung möglich ist, sehe ich sogar wieder deutliches Wachstumspotenzial.

Peters: Man muss unterscheiden: Der Token ist zunächst nur eine technische Lösung. Entscheidend ist, welches Asset oder welches Vehikel dahinterliegt. Man kann theoretisch alles tokenisieren –Immobilien oder ganze Fonds. Aber am Ende bleibt es eine Schuldverschreibung. Der Token ändert nicht das Wesen des Produkts, sondern nur die Art seiner Abwicklung. (Anmerkung für die Redaktion: Eine Anleihe ist eine Schuldverschreibung)

Also eher eine neue Verpackung?

Peters: Genau. Die Technik ersetzt den Papierkram, aber nicht das Asset. Wenn der Sachwert nicht digital abbildbar ist, bleibt das Grundproblem bestehen.

Pawils: Es gibt ja bereits Versuche, Immobilien zu tokenisieren – aber die Nachfrage ist praktisch null. Meist geht es um Bestandsobjekte, Neubauprojekte wurden kaum umgesetzt. Manche Unternehmen arbeiten etwa mit digitalen Schuldverschreibungen, verbrieft über Luxemburg – das ist technisch sauber, bleibt aber im Kern eine Anleihe. Ich sehe Tokenisierung eher als Ergänzung, nicht als Ersatz. Denn eines bleibt: Der Vertrieb. Auch wenn ein Token eine schlankere Kostenstruktur hat, wie es immer heißt – ganz ohne Vertrieb funktioniert es nicht.

Wie sehen Sie das im Vergleich zur Versicherungsbranche? Dort gab es ja auch Direktversicherer, die mit günstigen Preisen punkten wollten – aber am Ende wurde keiner größer als die Allianz mit ihrem starken Vertrieb.

Peters: Ganz genau. Es ist wie beim Einkaufen: Der eine bestellt bei Amazon, der andere geht lieber in die Stadt. Beides hat seine Berechtigung. Aber Vertrauen entsteht durch den persönlichen Kontakt – das wird auch im Anlagegeschäft so bleiben.

Pawils: Ich habe mir die Token-Anbieter genau angeschaut. Die werben damit, dass die junge Generation nur noch am Handy kauft, mit einem Klick investiert. Aber sobald man versucht, ernsthafte Volumina – sagen wir 30 Millionen Euro – digital einzuwerben, zeigt sich die Grenze. Die Plattformen stoßen schnell an regulatorische oder technische Limits. Am Ende bleibt die Platzierungsfrage ungelöst. Ganz ehrlich: Bevor ich ein tokenisiertes Projekt auflege, platziere ich lieber klassisch und weiß, dass es funktioniert.

Harbig: Das ist ein gutes Bild – so wie beim Auto: Die E-Technologie ist spannend, aber noch nicht in allen Bereichen alltagstauglich. Viele bleiben beim Verbrenner, weil sie wissen, dass er zuverlässig ans Ziel kommt.

Pawils: Ganz genau. Ich hatte letzte Woche eine Erfahrung mit meinem E-Auto: versprochene 300 kW Ladeleistung, geliefert wurden 50 kW. Zwei Stunden Wartezeit in Dortmund. So ähnlich ist das bei vielen Tech-Trends: schön gedacht, aber in der Praxis eben noch holprig.

Wie machen Sie das konkret?

Pawils: Wir haben mit der Trainstone-Akademie und der IHK eigens ein Zertifikat entwickelt – „Pflegeimmobilien-Experte (IHK)“. 112 Vermittler haben es bereits erworben und sind begeistert. Manche sagen im Hinblick auf das Angebot allerdings auch: „Wenn ich zu viel Fachwissen habe, blockiert mich das beim Verkauf.“ Das fand ich ehrlich gesagt bemerkenswert.

Peters: Das zeigt, wie anspruchsvoll unser Produkt ist. Es braucht Vertrauen und Vermittlungskompetenz – nicht nur Fachbegriffe.

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