Multi Asset vor der Renaissance

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Dr. Torsten von Bartenwerffer, Fisch Asset Management

Um Multi-Asset-Fonds ist es in den vergangenen Jahren eher ruhig gewesen. In Zeiten zunehmender Marktturbulenzen müsste die Fondsklasse ihre Stärken ausspielen können. Aber ist das auch so?

„In der Normalisierungsphase nach der Pandemie gerieten Angebot und Nachfrage an Gütern und Dienstleistungen aus dem Gleichgewicht. Steigende Preise sind das daraus folgende Symptom, zu viel Liquidität auf der Jagd nach zu wenigen Waren und Dienstleistungen die Ursache. Geopolitische Ereignisse und energiepolitische Abhängigkeiten halfen nicht: Die Inflation stieg sprunghaft an. Mittlerweile ist klar, dass die Zentralbanken die Zinsen zwar nicht erhöhen wollen, aber sie sind dazu gezwungen. Jahrelang herbei gewünscht trifft uns nun eine heftige Inflationsepisode. Zuerst als ‚vorübergehend‘ abgetan, wurde durch aggressive Rhetorik versucht, Zeit zu gewinnen. Inzwischen sind Zinserhöhungen an der Tagesordnung.

Wenn die Liquidität aus dem Markt genommen wird, sind alle Anlageklassen automatisch überkauft. Multi-Asset-Anlagen verlieren aus diesem Grund – zumindest kurzfristig – ihre inhärenten Diversifikationseigenschaften. Was wir in den vergangenen Monaten gesehen haben, war der ‚Liquidations-Trade‘ der Multi-Asset-Anlagen, die sich nun aber wieder in einer guten Ausgangsposition befinden. Diversifikation funktioniert zukünftig wieder. Höhere Zinsen bedeuten höhere Renditen und auch ein besseres Diversifikationspotenzial bei sicheren Anlagen: Die Zinsen haben in Krisenzeiten wieder die Möglichkeit zu fallen. Waren die Renditen, gemessen an Wirtschaftswachstum und Inflationserwartungen, vor Monaten noch viel zu niedrig, so sind wir inzwischen wieder auf ‚fairen‘ Niveaus.

Letztlich wird die aktuelle Marktphase mit hoher Inflation und steigenden Zinsen zu Ende gehen und in eine Phase mit hoher, aber langsam zurückgehender Inflation übergehen. Die Sektoren, welche in den letzten zwei Jahren am meisten gelitten haben, könnten daher die Gewinner von morgen sein. Lohnt sich also der Einstieg in Multi-Asset-Fonds? Mit der Aussicht auf fallende Inflation und damit mehr Spielraum für Wirtschaft und Zentralbanken, attraktiven Anleihen und gleichzeitig einer mit Unsicherheiten behafteten gesamtwirtschaftlichen Zukunft wird Diversifikation wieder interessant. Für Multi-Asset ist dies insbesondere dann der Fall, wenn Anlageklassen mit Konvexität eingesetzt werden, beispielsweise Wandelanleihen.

Aus unserer Sicht müssen drei Dinge für einen erfolgreichen Multi-Asset-Ansatz zusammenkommen: Erstens eine stabile strategische Asset Allokation, die im Sinne eines ausbalancierten Portfolios die Grundlage für ein langfristiges Abschöpfen der Risikoprämien gewährleistet. Zweitens ein aktives Management, welches die zukünftigen Inflations- und Konjunkturzyklen erfolgreich navigiert. Drittens der Einbezug von Konvexität in der Struktur des Portfolios, denn Anleger werden sich auf häufigere Marktverwerfungen und Krisen in der Post-Pandemiezeit einstellen müssen. Somit ergibt sich vor dem Hintergrund anhaltender Unsicherheit und aus der Kombination höherer Zinsen und Anleiherenditen mit mittelfristig wieder zurückgehender Inflation ein Umfeld, in dem sich Diversifikation auszahlen sollte. Dabei haben gerade die in den vergangenen zwei Jahren stark abgestraften Sektoren Aufholpotenzial und Multi-Asset-Fonds damit wieder an Attraktivität gewonnen.“

Autor Dr. Torsten von Bartenwerffer ist Co-Head Multi Asset Solutions bei Fisch Asset Management in Zürich.

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